Marketingkooperationen erfolgreich gestalten So matcht die Zusammenarbeit im Marketing
Wenn zwei Unternehmen zusammenspannen, um ihre Produkte und Dienstleistungen gemeinsam zu vermarkten, handelt es sich um Marketingkooperationen. Dabei holen (idealerweise) beide und die Kunden mehr heraus. Voraussetzung dafür sind nicht nur Win-Win-Situationen, sondern vor allem ein umfassendes Commitment beider Parteien.
Welche Marke steht für Extremsportarten? Richtig, Red Bull. Und welche Kamera sitzt auf den Helmen von Mountainbikern, Freeriderinnen und Basejumpern? Genau, eine GoPro. Beide Unternehmen arbeiten seit 2016 offiziell zusammen, im Mai 2025 erneuerten sie ihre Partnerschaft, bei der GoPro der exklusive Anbieter von Action-Kameras für Red-Bull-Produktionen bleibt und beide Unternehmen weiterhin gemeinsam Content produzieren.
Solche Marketingkooperationen finden auch im kleineren und weniger spektakulären Rahmen statt: Etwa wenn Victorinox mit dem New York Fire Department für ihr spezielles Feuerwehr-Taschenmesser wirbt, Mammut nach Outdoorprofis, Ideengeberinnen und -gebern, Guides und Influencern sucht, «um die nächste Generation für die Berge zu begeistern», Omega und Swatch zusammen die MoonSwatch auf den Markt bringen und Nestlé und Coop eine Sampling-Kampagne für Kaffeekapseln von Nescafé und Starbucks by Nespresso lancieren.
Unter Kooperationen im Marketing fällt jede Art von Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, um gemeinsam Marketingziele zu erreichen: Dazu gehören strategische Partnerschaften wie zwischen Red Bull und GoPro, Vertriebskooperationen, Affiliate Marketing, Influencer Marketing, Sponsoring, Cultural Marketing, Events, Content-Kooperationen, Wettbewerbe, Verkostungen, Co-Branding, Retail Marketing oder Data Sharing.
So vielfältig die Formen der Zusammenarbeit sind, so zahlreich und wenig trennscharf sind die dafür verwendeten Begriffe: Markenkooperationen, Kooperationsmarketing, kooperatives Marketing, Co-Marketing, Cross-Marketing, Partner-Marketing, Joint Marketing oder Collaborative Marketing, usw.
Was ist die Definition von Marketingkooperationen?
Entscheidend sind drei Punkte:
- Die gezielte Zusammenarbeit von mindestens zwei Unternehmen oder Organisationen im Marketing.
- Die gemeinsame Nutzung von Kompetenzen, Ressourcen und Reichweiten, um gemeinsame Marktpotenziale besser auszuschöpfen.
- Schaffung einer Win-Win-Situation der Partner, von der auch die Kunden profitieren.
Für Professor Marcus Schögel, Leiter des Instituts für Marketing der Universität St. Gallen, ist zudem entscheidend, dass die Partner einen «Nutzen erzielen, den sie ohne Kooperation nicht hätten».
Schögel teilt die Kooperationen in drei Typen ein:
- Vertikal: Diese Kooperationen entstehen entlang der Wertschöpfungskette, etwa zwischen Herstellern, Grosshändlern und Einzelhändlern. Das Ziel hierbei ist oft eine verbesserte Effizienz, engere Kundenbindung, bessere Marktpositionierung oder bessere Logistiklösungen. Beispiel dafür ist das Zusammengehen von Nestlé und Coop bei Kaffeekapseln. Das gemeinsame Sampling bringt die Kundinnen und Kunden auf den Geschmack und in die Läden. Lieferant und Detailhändler profitieren vom gesteigerten Umsatz, die Kundinnen und Kunden von einem Rabatt.
- Horizontal: Die Zusammenarbeit findet zwischen Unternehmen statt, die auf der gleichen Stufe der Wertschöpfungskette stehen, etwa zwischen zwei Herstellern oder zwischen mehreren Händlern. Ziele sind oft eine stärkere Marktposition, Risikostreuung oder die Nutzung von Synergieeffekten. So steht die 2022 lancierte MoonSwatch für die Verschmelzung zweier ikonischer Uhren – der Omega Speedmaster, die bei den Mondflügen von den amerikanischen Astronauten getragen wurde, und der Swatch, der stylishen und preiswerten Antwort der Schweizer Uhrenindustrie auf die Herausforderung billiger Quarzuhren in den 1970-er Jahren.
- Lateral (oder diagonal): Bei solchen Kooperationen tun sich Unternehmen aus vollkommen unterschiedlichen Branchen oder Wertschöpfungsketten zusammen. Ziel ist oft die Erschliessung neuer Märkte, Innovationsförderung oder Markenprofilierung. Dies geschieht bei sogenannten Co-Promotions, das heisst wenn das Produkt des einen Partners mit einem Produkt oder einem Rabattgutschein des anderen Partners ergänzt wird, also etwa Milchreis mit einem Gutschein für ein Streaming-Abonnement.
Was sind die Vorteile von Marketingkooperationen?
2024 befragte die auf Kooperationsmarketing spezialisierten Agentur Connecting Brands 50 Expertinnen und Experten zum Stellenwert und dem Nutzen von Kooperationen. 82 Prozent gingen von einer steigenden Bedeutung aus. Kein Wunder, denn die Fachleute versprachen sich von der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen nichts weniger als die «Gewinnung neuer Kunden und Zielgruppen» sowie die «Schaffung von Mehrwerten für die eigenen Kunden sowie einen positiven Imagetransfer», wie Nils Pickenpack, Managing Director von Connecting Brands, erklärt.
Zu den Vorteilen von Marketingkooperationen gehören weiter:
- Kundenbindung: Angebote, die den eigenen Kunden einen Mehrwert bieten, erhöhen deren Loyalität.
- Erweiterung des Angebots: Ergänzende Produkte oder Dienstleistungen können gemeinsam angeboten werden.
- Senkung der Marketingkosten: Gemeinsame Aktionen ermöglichen den effizienteren Einsatz von Ressourcen und die Teilung der Kosten.
- Einführung neuer Technologien und Qualitätssicherung: Der Austausch von Know-how und Erfahrungen stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und verbessert die Qualität der Angebote.
Das sind hohe Erwartungen – gerade in Zeiten knapper werdender Marketingbudgets. Doch können sie erfüllt werden?
Tatsächlich führen Markenkooperationen «oft zu Imagetransfers», wie das Marktforschungsinstitut Splendid Research bereits 2017 feststellte. Seine Studie kommt zum Schluss, dass Markenkooperationen zu 5,2 Prozent mehr Käuferinnen und Käufern führen – doch nur wenn eine Zusammenarbeit von den Konsumentinnen und Konsumenten als sehr gut bewertet wird.
Was sind die Erfolgsfaktoren von Marketingkooperationen?
In ihrer aktuellen Studie listet Connecting Brand mit 78 Prozent der Nennungen als wichtigsten Erfolgsfaktor eine «ausgewogene Win-Win-Win-Situation» auf, von der beide Partner und zusätzlich die Kunden profitieren. 76 Prozent der befragten Expertinnen und Experten nennen als zweitwichtigsten Erfolgsfaktor «die Gewinnung eines geeigneten Kooperationspartners für das Konzept». Mit je 62 Prozent der Nennungen folgen die «Entwicklung eines innovativen/kreativen Kooperationskonzepts» und die «Vermarktung der Kooperation». 58 Prozent der Nennungen beziehen sich auf das «professionelle Management der Kooperation», während die kontinuierliche Erfolgsmessung mit 26 Prozent der Nennung in den Augen der Expertinnen und Experten als Erfolgsfaktor weit weniger wichtig ist.
Woran scheitern Kooperationen?
Andererseits wollte Connecting Brands von den Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihrer Studie wissen, welche Faktoren «das Scheitern einer Kooperation» am meisten beeinflussen. 64 Prozent der Befragten nannten an erster Stelle den mangelnden «Fit» der Partner. 56 Prozent der Nennungen gingen auf das Konto «Unzureichende Planung» und auf die zu «geringe Berücksichtigung beidseitiger Marketingzielsetzungen». Danach folgen mit 48 Prozent «Mangelnde Ressourcen und Kontinuität in der Projektplanung», mit 24 Prozent «Mangelnde Kooperationskompetenz/-erfahrung». Ausserdem stellt Nils Pickenpack fest, dass viele Kooperationen «aus dem Bauch heraus» geschlossen würden. «Bauchgefühl ist zwar wichtig, aber man sollte sich nicht allein darauf verlassen.»
Christophe Girardet, Brand Business Lead Starbucks & NABs, Nestlé Suisse SA, nennt als weitere Klippe die Komplexität von Kooperationen: «Man muss nicht nur die Leute im eigenen Unternehmen aufeinander abstimmen, sondern man ist darauf angewiesen, dass dies auch beim Partner geschieht.»
Angesichts dieser Herausforderungen erstaunt es wenig, dass Marcus Schögel bei Kooperationen von einer hohen «Flop-Rate» spricht.
Wie finde ich passende Kooperationspartner?
Damit Kooperationen trotzdem zum Fliegen kommen, setzt Connecting Brands bei der richtigen Wahl des Partners an und bietet kooperationswilligen Unternehmen bereits seit 2009 ein Speed Dating an. Vor Corona fanden diese Kurzgespräche in physischer Form an der Co-Brands statt, dem jährlichen «Leitevent für Markenkooperationen» von Connecting Brands. Seit der Pandemie begegnen sich die Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen online und haben die Chance, innerhalb von 30 Minuten festzustellen, ob sie zueinander passen. «In den letzten Jahren haben bereits mehr als 750 Teilnehmer an der Veranstaltung teilgenommen und viele erfolgreiche Markenpartnerschaften geschlossen», zieht Nils Pickenpack Bilanz.
Für Marketing-Kooperationen gilt grundsätzlich: Die beiden Partner sollten ähnliche Zielgruppen ansprechen, komplementäre Produkte oder Dienstleistungen anbieten und auch auf persönlicher Ebene gut zusammenarbeiten können. Deshalb ergeben sich die richtigen Partnerschaften häufig aus dem bestehenden Netz an Geschäftsbeziehungen und auf der Basis von Vertrauen und guten Erfahrungen. Marcus Schögel weist daraufhin, dass dies gerade bei vertikalen Kooperationen ohnehin der Fall ist – z.B. zwischen Detailhändlern und Lieferanten.
Zunehmend kommt bei der Suche nach dem richtigen Partner die künstliche Intelligenz zum Einsatz. Zu diesem Schluss kommt eine Masterarbeit, die in Zusammenarbeit mit Connecting Brands 2024 entstanden ist. 59 Prozent der Befragten arbeiten im Marketing bereits mit KI. Als Vorteile sehen sie die «schnelle Identifikation passender Partner» (50 Prozent), eine «bessere Analyse der Zielgruppenübereinstimmung» und «vielfältigere Konzepte für Produkte- und Dienstleistungskooperationen». Jedoch erstellen gemäss der Connecting-Brands-Studie nur gerade 53 Prozent der befragten Expertinnen und Experten für die Partnersuche ein Anforderungsprofil und 39 Prozent verlassen sich auf ihr Bauchgefühl. Immerhin 33 Prozent stützen sich auf eine systematische Bewertung von Kooperationspartnern und 23 Prozent überprüfen den Kooperationsfit «anhand einer Marktforschung auf Basis einer Zielgruppenbefragung».
Wie entwickle ich kreative Kooperationsideen?
Die Wahl des richtigen Partners hängt in hohem Mass von der Kooperationsidee ab, die nicht in jedem Fall kreativ oder innovativ sein, sondern vor allem die Ziele erfüllen soll. Solche Ideen entwickeln sich häufig aus dem Naheliegenden. Christophe Girardet von Nestlé kann sich dafür auf den internen Informationsfluss verlassen: «Zu Nestlé gehören viele Marken, so dass ich von Vorschlägen und Erfahrungen aus diesem starken Netzwerk profitieren kann.» Dieses Vorgehen wird auch von den Teilnehmern der Connecting-Brands-Studie am häufigsten genannt. 30 Prozent von ihnen erhalten jedoch so viele externe Anfragen, «dass wir keine eigenen Ideen entwickeln müssen». 23 Prozent briefen ihre Agentur und lassen sich Vorschläge machen und 20 Prozent holen sich die Inspiration für neue Ideen bei ihrer Zielgruppe oder ihren Kunden.
So klappt’s
Marcus Schögel, der ein Werk zum Thema Kooperationsfähigkeiten im Marketing verfasste, rät Unternehmen dazu, im Kleinen zu beginnen: «Das ist besser, als eine Kooperation gross anzukündigen.» Um zu reüssieren, müssten die Unternehmen verstehen, «dass sie aufeinander angewiesen sind und langfristig am Erfolg interessiert sein», sagt Schögel: «Beide Seiten müssen sich um die Kooperation kümmern.» Und für Nils Pickenpack ist klar: «Grundlage erfolgreicher Kooperationen ist eine Kultur des Gebens und Nehmens – vor allem des Gebens.»