Wenn Megatrends zu Marketingtrends werden

Wenn Megatrends zu Marketingtrends werden Experte Marcus Schögel analysiert, wie Megatrends das Marketing verändern

Der bekannte Zukunftsforscher Matthias Horx formuliert fünf Megatrends, die uns mittel- und langfristig beschäftigen dürften. Wie beeinflussen sie Unternehmen und werden sie auch zu Marketingtrends? Die Kurzanalyse von Marketingexperte Marcus Schögel.

Eine Collage mit einem Frauenkopf, einem Haus und diversen Gegenständen
Megatrends können auch zu einer Transformation des Marketings führen.

Dass sich gutes Marketing laufend neu erfinden und am Puls der Zeit Wirkung erzielen muss, ist keine Neuheit. Nur gibt es zur Erreichung dieses Ziels laut Marcus Schögel vom Institut für Marketing der Universität St. Gallen (HSG) schlechtere und bessere Strategien. «Einige Unternehmen springen jedem Modetrend auf und hecheln so immer dem nächsten hinterher. Andere antizipieren und schauen in die Zukunft.» Schögels Meinung dazu ist gemacht. Er orientiert sich bezüglich Marketingtrends an der Aussage zwei namhafter US-Marketeers: «The best and most profitable thing to ride in marketing is a longterm trend.»

Langfristige, sogenannte Megatrends werden also das Marketing der Zukunft und die Marketingtrends prägen respektive den Weg für erfolgreiche Kampagnen und relevanten Content weisen. Ganz wesentlich für Marcus Schögel: «Unternehmen tun gut daran, sich intensiv mit den wichtigen langfristigen Entwicklungen zu befassen, allenfalls ihr gesamtes Geschäftsmodell oder auch einzelne Produktlinien und Marken danach auszurichten.» Nachfolgend fünf Megatrends, formuliert von Zukunftsforscher Matthias Horx, und ihre Marketingrelevanz aus Sicht des HSG-Experten Marcus Schögel.

Megatrend 1: Gesundheit

Gesundheit ist das Synonym für ein gutes Leben. Als zentrales Lebensziel hat sich der Trend tief in das Bewusstsein, die Kultur und das Selbstverständnis von Gesellschaften eingeschrieben und prägt sämtliche Lebensbereiche. Gesundheit und Zufriedenheit sind dabei kaum noch voneinander zu trennen. Mit selbstständig erworbenem Wissen treten Menschen dem Gesundheitssystem auf Augenhöhe gegenüber und stellen neue Erwartungen an Unternehmen und Infrastrukturen: Gesundheitsbewusste Menschen wollen sich in gesundheitsfördernden Lebenswelten bewegen und fordern dies als neuen Normalzustand ein.

Marcus Schögel: «Ganz deutlich zeigt sich der Wandel etwa in der Arztpraxis, wo es den ‹Patienten› – das Wort heisst ja übersetzt ‹geduldig› – in der traditionellen Form nicht mehr gibt. Man begegnet dem Arzt heute auf Augenhöhe und erwartet eine Top-Dienstleistung. Genauso hat sich das Verhältnis von Anbieter und Kunde in der gesamten Wirtschaft gewandelt. Es gibt keine Hierarchien mehr, sondern Partnerschaften, die vom Anbieter immer wieder mit Qualität und transparenter Information gerechtfertigt werden müssen. Dieser Trend wird sich noch weiter akzentuieren und auch Marketing und Werbung der Zukunft prägen.»

Megatrend 2: Sicherheit

Die Gesellschaft befindet sich im Daueralarm – eine Krise jagt die nächste: Von einem bevorstehenden globalen Handelskrieg über die Roboter, die uns unsere Arbeit wegnehmen, bis hin zur EU-Flüchtlingskrise. Alles wird immer schlimmer und wir stehen kurz vor dem Kollaps. Doch das ist ein Trugschluss: Während unsere Wahrnehmung uns in die Verunsicherung stürzt, wird die Welt nicht immer unsicherer – ganz im Gegenteil: Wir leben in der sichersten aller Zeiten. Zugleich strebten wir aber noch nie so sehr nach Sicherheit wie heute.

Marcus Schögel: «Das wachsende und rein subjektive Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung hat mit den im Vergleich zu früher viel rascheren Zyklen von Entwicklungen zu tun, die Wirtschaft und Gesellschaft prägen. Das zwingt Unternehmen heute dazu, kurzfristig nach mittelfristigen Lösungen zu suchen, da langfristig oft vieles wieder ganz anders ist. Ein aktuelles Beispiel ist die Rolle des E-Commerce in der Corona-Pandemie. Das ursprüngliche Hauptargument Convenience ist inzwischen der Kundenmotivation gewichen, sich dank digitaler Bestellungen nicht mit dem Virus anzustecken.»

Megatrend 3: Urbanisierung

Städte sind die Staaten von morgen. Immer mehr Menschen leben weltweit in Städten und machen sie zu den mächtigsten Akteuren und wichtigsten Problemlösern einer globalisierten Welt. Doch Städte sind mehr als Orte. Urbanisierung beinhaltet mehr als den Wandel von (Lebens-)Räumen. Durch neue Formen der Vernetzung und der Mobilität wird Urbanität vor allem zu einer neuen Lebens- und Denkweise.

Marcus Schögel: «Hier bin ich etwas vorsichtig, da wir zurzeit gerade einen leichten Trend in die umgekehrte Richtung erleben. Viele Leute meiden die Städte und bevorzugen das digitale Arbeiten im ländlichen Homeoffice. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Ich tendiere dazu, dass man die Vorzüge von Stadt und Land künftig noch geschickter kombinieren wird, statt die beiden Lebensformen gegeneinander auszuspielen.»

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Megatrend 4: Neo-Ökologie

Biomärkte, EU-Plastikverordnung, Energiewende – der Megatrend Neo-Ökologie reicht in jeden Bereich unseres Alltags hinein. Ob persönliche Kaufentscheidungen, gesellschaftliche Werte oder die Strategie eines Unternehmens: Selbst wenn nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, entwickelt sich dieser Trend nicht zuletzt aufgrund technologischer, oft digitaler Innovationen mehr und mehr zu einem der wirkmächtigsten Treiber unserer Zeit. Neo-Ökologie sorgt nicht nur für eine Neuausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft, der Kultur und der Politik. Sie verändert unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten.

Marcus Schögel: «Der Durchbruch von ökologischem und nachhaltigem Denken ist für mich das Thema der Zukunft schlechthin. Für mich eindeutig der wichtigste Megatrend, der auch einen Marketingtrend auslöst. Immer mehr Unternehmen werden ihre Strategien und Marken auf Nachhaltigkeit ausrichten und genauso ihren Content darauf fokussieren. Ansonsten haben sie bei den Konsumenten früher oder später keine Chance mehr.»

Megatrend 5: Gender Shift

Innovation schlägt Tradition, das Geschlecht verliert das Schicksalhafte, die Zielgruppe an Verbindlichkeit. Noch nie hat die Tatsache, ob jemand als Mann oder Frau geboren wird und aufwächst, weniger darüber ausgesagt, wie Biografien verlaufen werden. Der Trend veränderter Rollenmuster und aufbrechende Geschlechterstereotype sorgen für einen radikalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Das starke «Ich» schlägt das aus der Zeit gefallene Frau/Mann-Schema und schafft eine neue Kultur des Pluralismus.

Marcus Schögel: «Diese Entwicklung macht gerade vor dem Marketing gewiss nicht Halt. Bei uns an der HSG beträgt die Frauenquote im Marketing Master-Studiengang zurzeit 75 Prozent. Das Geschlecht wird immer unwichtiger und parallel dazu das Marketing weniger sexistisch. Gerade bestimmte Ur-stereotypen in der Mann-Frau-Darstellung von Werbung werden verschwinden. Und das ist gut so.»