Gamification: Highscore für die Kundenbindung

Gamification: Highscore für die Kundenbindung Experte Matthias Sala erklärt, wie sich Loyalität spielerisch steigern lässt

Games motivieren und belohnen die Spielenden geschickt, sodass diese am Ball bleiben und wiederkommen. Gamification-Experte Matthias Sala ist überzeugt: Das funktioniert auch im Marketing. Welche Faktoren darüber entscheiden, ob Gamification die Kundenbindung verstärkt, verrät er im Interview.

Portrait Matthias Sala
Gamification stärkt laut Experte Matthias Sala die Kundenbindung, weil sie für positive Erfahrungen sorgt.

Weshalb eignet sich Gamification als Mechanismus für die Kundenbindung?

Matthias Sala: Kundenbindung setzt voraus, dass Kundinnen und Kunden angenehme Begegnungen mit dem Unternehmen haben, dass das Produkt oder die Dienstleistung nie zu Frustration führt. Dafür stehen gute Spiele: Sie unterhalten, statt zu vergraulen. Gamification im Marketing übernimmt diese Sichtweise. Sie gestaltet die Interaktion zwischen Kunden und Unternehmen angenehm. Dabei kommen verschiedene Mechanismen aus der Spielwelt zum Einsatz. Sie bewirken, dass man positive Erfahrungen macht und zurückkommt. Für eine Kundin haben wir beispielsweise eine zuvor klassische Weiterbildung als interaktives E-Learning-Spiel mit Humor umgesetzt. Die Belegschaft erinnert sich nun gerne an diesen Kurs und das Gelernte.

Wie wichtig sind dabei Preise, Prämien oder andere Belohnungen?

Das oberste Ziel sollte stets die intrinsische Belohnung sein. Dieses angenehme Gefühl stellt sich ein, wenn wir die Tätigkeit selbst als Belohnung wahrnehmen – also etwas gern machen und im Flow sind. Spiele honorieren die Spielenden bei einem erreichten Ziel oft mit sogenannten «Achievements» und «Power Ups», lassen sie höher springen oder schneller fahren. Das wirkt nachhaltiger als extrinsische Belohnungen in monetärer oder materieller Form. Diese haben gemäss mehreren Studien zwar einen kurzfristigen Effekt, aber kaum einen langfristigen. Deshalb empfehle ich, sie zurückhaltend einzusetzen und die Mittel besser in das Spiel selbst zu investieren.

Welche Faktoren entscheiden darüber, ob Gamification die Kundenbindung wie gewünscht verstärkt?

Mit der Gamification verhält es sich wie mit allen Prozessen entlang der Customer Journey: Die spielerischen Abläufe sollten ansprechend und einfach gestaltet sein, sodass sie den Nutzerinnen und Nutzern positiv in Erinnerung bleiben – und niemals als anstrengend. Wenn ständig «Game over» ist, geht die Freude schnell verloren. Sind die Elemente aber so konzipiert, dass man trotz Rückschlägen immer mal wieder gewinnt, bleibt die Motivation zum Spielen hoch. Beim Autorennen «Mario Kart» zum Beispiel werden die Spielenden auf dem letzten Platz schneller und haben so die Chance aufzuholen. Solche Effekte halten Spiele spannend. Zudem lassen sich gezielte Muster einbauen, um die Leute zurückzuholen und im Gedächtnis zu bleiben – sogenannte «Rendez-vous-Pattern». Das sind etwa Nachrichten wie «In einer Stunde hast du wieder drei Leben».

Sprechen alle Altersgruppen auf Gamification an?

Ja, sofern die Tonalität stimmt. Studien zeigen: Leute jeder Altersgruppe spielen physische oder digitale Spiele. Sie kennen die Mechanismen, denn spielerische Elemente im Marketing gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Man muss also einfach Begriffe nutzen, welche die Zielgruppe kennt. Bei den Älteren sind das vielleicht «Märkli», «Trumpf» und «Jassen», bei den Jüngeren «Skins» und «Badges».

Gibt es Branchen, in denen Gamification besonders gut funktioniert?

Grundsätzlich eignet sich Gamification für alle Branchen. Bei den Konsumgütern sind bereits viele Produkte oder Apps mit spieltypischen Elementen angereichert. Noch wenig verbreitet sind sie hingegen im B2B-Bereich. Hier sehe ich ein grosses Potenzial: Mit spielerischen Elementen lässt sich auch eine B2B-Kundenbeziehung spannender und positiver gestalten. Übrigens muss Gamification nicht immer lustig sein. Der Fun-Faktor kann auch sehr seriös daherkommen. Ein Beispiel sind die Mitteilungen auf der Plattform LinkedIn wie «Ihr Profil ist jetzt besser geworden» oder «So viele Leute haben Ihr Profil angeschaut». Das sind ebenfalls Gamification-Elemente – solche, die unsere kompetitiven Charaktereigenschaften ansprechen.

Welche Rolle spielt bei Gamification der Aspekt, Kundendaten zu sammeln?

Das ist eine Frage der Strategie. Verfolgt ein Unternehmen das Ziel, Daten zu sammeln, kann Gamification ein Instrument dafür sein. Das entsprechende Formular lässt sich mit spielerischen Elementen sowie Animationen anreichern und attraktiv gestalten. Dann ist die Abbruchrate niedriger. Denn mit spielerischen Elementen erfährt man möglicherweise mehr über die Kundinnen und Kunden. Möchte das Marketing zum Beispiel die Kundenbedürfnisse analysieren, eignet sich ein freundlicher Chatbot oft besser als eine Frageliste zum Ankreuzen. Für die Kundinnen und Kunden muss die Absicht dahinter allerdings transparent sein.

Welches sind Ihre drei wichtigsten Tipps zur Gamification?

Erzählen Sie erstens eine Geschichte. So tauchen Ihre Kundinnen und Kunden in eine andere Welt und erhalten ein Ziel, um mitzumachen. Zweitens: Animieren Sie sie dazu, etwas auszuprobieren. Denn das liegt in der Natur des Spielens: Man versucht etwas, dann geht es vielleicht schief und man fängt wieder neu an. Die Anwendung sollte dieses Trial-and-Error-Prinzip unterstützen, statt die User zu bestrafen, wenn sie einen Fehler machen. Drittens dürfen die spielerischen Elemente nicht aufgesetzt wirken. Gamification muss zum Unternehmen und zur Marke passen.

 

Zur Person

Matthias Sala ist Gründer und Geschäftsführer des Mixed-Reality Gamestudios Gbanga, Dozent für Gamification an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich, Präsident des Schweizer Computerspiel-Entwickler-Verbands SGDA und im Komitee des Festivals GamesweekZurich.org.

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