Tipps und Trends: Kundenkommunikation heute

Tipps und Trends: Kundenkommunikation heute Wie Digitalisierung und KI den Dialog zwischen Unternehmen und Kunden verändern

Kundinnen und Kunden wollen heute auf jedem verfügbaren Kanal mit einem Unternehmen kommunizieren. Diese kommen dem Bedürfnis entgegen und setzen dabei auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. So ermöglichen Chatbots immer echtere Dialoge. Doch Telefon und E-Mail bleiben nach wie vor starke Kanäle.

Ein junger Mann telefoniert und hält ein Tablet in der Hand
Ob per Chatbot, Social Media, E-Mail oder Telefon: Die Kundenkommunikation soll heute schnell und individuell erfolgen.

Jeden Monat gehen beim Contact Center der Schweizerischen Post mit seinen 300 Mitarbeitenden 110’000 telefonische und 30’000 schriftliche Anfragen ein. Doch die Kundinnen und Kunden führen auch 20’000 Gespräche per Chatbot, möchten 6’000-mal Auskunft über den Live-Chat und schicken dem Unternehmen 3’000 WhatsApp-Nachrichten. Die Post betreibt Kundenkommunikation auf (fast) allen möglichen Kanälen.

Noch herrschen bei der Post von der Menge her das Telefon und schriftliche Anfragen vor, was auch bei anderen Unternehmen der Fall ist. Eine Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern zu Customer Touchpoints im Banking von 2024 zeigt: Bankkundinnen und Bankkunden kommunizieren immer noch am häufigsten per E-Mail und Telefon mit ihren Bankberaterinnen und -beratern. Allerdings haben bereits 51 Prozent aller befragten Kundinnen und Kunden erste Erfahrungen mit einem Chatbot gesammelt. Und je jünger sie sind, desto intensiver nutzen sie diesen neuen Weg der Kundenkommunikation. Tatsächlich zeigt der Trend in der Kundenkommunikation Richtung Chatbot, sprich textbasierten Dialogsystemen.

Erste Chatbots wurden bereits in den sechziger Jahren programmiert. Ihre «Intelligenz» beschränkte sich darauf, zum Voraus festgelegte Antworten abzurufen – mit einem mehr oder meist weniger befriedigenden Resultat. Heute werden diese sogenannten regelbasierten Chatbots durch smarte Chatbots für die Kundenkommunikation abgelöst, die auf KI-Sprachmodellen wie ChatGPT von Open AI oder LaMDA (Language Model for Dialogue Applications) von Google LLC beruhen.

«Früher waren die Chatbots schlecht», urteilt Sophie Hundertmark, selbständige Expertin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Luzern. Sie berät Unternehmen zu Chatbots und Künstlicher Intelligenz und findet mittlerweile: «Heute sind die Bots wirklich, wirklich gut.»

Intelligente Chatbots greifen auf Datenbanken mit Antworten und Erkennungsmustern zurück. Das Programm zerlegt eine Frage nach vorgegebenen Regeln zuerst in einen Text, der von der KI «gelesen» werden kann. Dazu werden Schreibweisen angeglichen und Tippfehler eliminiert. Erst dann sucht das System nach der passenden Antwort in der vom Unternehmen eigens angelegten und abgeschlossenen Datenbank. Das Resultat: «Bots können sehr natürliche Gespräche führen», sagt Sophie Hundertmark. Doch Chatbots beantworten nicht nur Fragen: Sie ermöglichen es Kunden beispielsweise auch, einen Schaden zu melden, Kontaktdaten zu ändern oder Bestellungen aufzugeben.

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Vertrauen schaffen durch gute Antworten

Doch trotz des Quantensprungs, den die Chatbots dank KI gemacht haben, trauen die Kunden den elektronischen Helferlein nicht alles zu. Userlike, ein deutsches Unternehmen, das sich auf Live-Chat, Kunden-Messaging und Service-Automatisierung mit künstlicher Intelligenz spezialisiert hat, stellte in einer Studie fest, dass zwar 80 Prozent der befragten Kunden bereits einen Chatbot genutzt haben, jedoch nur 23 Prozent davon bereit sind, Beschwerden mit einem solchen zu klären. 54 Prozent würden mit dem Chatbot über ein Produkt sprechen und immerhin 30 Prozent würden ihn verwenden, um eine Rechnung zu bezahlen.

Auch eine Studie der Schweizer Versicherungsbranche zeigt, dass viele Personen bei der Kundenkommunikation nach wie vor ein menschliches Gegenüber bevorzugen. Sogar die Kombination von Chatbot als erste Anlaufstelle und nachgelagerten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermochte sie nicht zu überzeugen. Die grössten Vorteile sahen die Nutzerinnen und Nutzer bei der flexiblen Erreichbarkeit rund um die Uhr. Sophie Hundertmark sagt dazu: «Für die Akzeptanz von Chatbots sind die Antworten, die sie geben, entscheidend: Sie müssen gut sein.»

Erwartungen der Kundschaft erfüllen

Erfolgsfaktoren neben der Qualität sind Transparenz, der Datenschutz und der Umgang mit den Erwartungen der Kunden. So sollten Kundinnen und Kunden von Beginn der Unterhaltung an wissen, dass sie nicht mit einem Menschen chatten, sondern mit einem Bot. Zudem soll der Chatbot ihnen klar sagen, was er leisten kann und was nicht. Also beispielsweise Auskunft zu Produkten geben, aber keine konkreten Preisangebote machen.

Dass Kunden wissen, mit wem sie kommunizieren, wird angesichts der Fortschritte bei Spracherkennung und Sprachsynthese immer wichtiger. Denn die Bots verstehen nicht nur, was sie gefragt werden, sie geben dank sogenannter Conversational AI sprachlich korrekte Antworten und das mit absolut menschlich wirkenden Sprechstimmen. Zudem können sie erkennen, in welcher Stimmung das Gegenüber sich befindet, und ihren Tonfall an die Situation anpassen. All das führt zu einem Kommunikationserlebnis, das sich kaum noch von einem Gespräch von Mensch zu Mensch unterscheidet.

Bei der Konstruktion von Realität noch weiter geht NTT Data. Das Unternehmen der Nippon Telegraph and Telephone Group mit Sitz in Tokio hat einen Chatbot in Form eines animierten digitalen Menschen entwickelt. Er soll «uns helfen, mehr Empathie bei der Kommunikation mit einem Computer zu empfinden, damit wir die gewünschten Informationen mit weniger Frustration finden können, wenn es länger dauert als erwartet», schreibt das Unternehmen. Auf natürliche Menschen reagiert der künstliche Mensch mit passendem Tonfall und Körperhaltung.

Kundenkommunikation regelmässig anpassen

Auch wenn digitale Menschen als Kundenberater vorläufig noch Zukunftsmusik sind, zwingt die technologische Entwicklung und das veränderte Verhalten der Kunden die Unternehmen dazu, ihre Kundenkommunikation regelmässig zu überprüfen und proaktiv anzupassen. Eine der Herausforderungen dabei ist die grosse Zahl der Kanäle, die mit dem Siegeszug von Social Media nicht kleiner geworden ist und deren Management nicht nur Kosten verursacht, sondern auch eine komplexe Organisation erfordert.

Ein Tipp dafür kann die Reduktion von Kanälen bei der Kundenkommunikation sein. Seit diesem Jahr setzt die Post verstärkt auf die effizienteren und schnelleren Kanäle wie Telefon und Chat und verzichtet auf das Anbieten des E-Mail-Kanals, erklärt Raphael Tanner, Lead Conversational Designer bei der Post.

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Effizienz dank Innovation

Auf der anderen Seite versuchen die Unternehmen ihre Effizienz bei der Kundenkommunikation durch Innovationen zu erhöhen. Dazu verbinden sie die «alten» Kanäle mit neuester Technologie. Bei der Post werden Briefe und Faxe gescannt, so dass sie entweder automatisch beantwortet werden oder der zuständigen Person zugewiesen werden können.

Wer bei der Post anruft, kann sein Anliegen (falls gewünscht) auf Band sprechen. Mit der Software Voice-to-Text wird die Aufnahme transkribiert und ebenfalls mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz an die richtige Stelle weitergeleitet. So wissen die Mitarbeitenden des Contact Center bereits, was die Anrufer wollen, wenn es zum persönlichen Kontakt kommt.

Konsistentes Kundenerlebnis

Angesichts der vielen Kanäle für die Kundenkommunikation ist es eine Herausforderung, ein konsistentes Kundenerlebnis zu schaffen. Wer mit einem Unternehmen kommuniziert, möchte als Individuum behandelt werden. Dazu gehört, dass das Unternehmen beispielsweise genau weiss, welche Dienstleistungen und Produkte Frau Meier und Herr Müller beziehen bzw. gekauft haben und worum es bei der letzten Anfrage ging.

Ein Tipp dafür: Unternehmen sollten für die Kundenkommunikation eine Multi-Channel-Strategie erarbeiten, die sicherstellt, dass alle ein- und ausgehenden Informationen zentral und schnell behandelt werden. Zu diesem Zweck hat Unblu, ein Tochterunternehmen der Schweizerischen Post, eine entsprechende KI-basierte Software für die Kundenkommunikation entwickelt: «Wir wollen den Kunden digital das gleiche Erlebnis bieten, wie sie es früher in einem persönlichen Gespräch mit ihrem Kundenberater oder ihrer Kundenberaterin hatten», beschreibt Co-CEO Jens Rabe, die Vision von Unblu.

Die Plattform ermöglicht es Unternehmen, Kunden umfassend auf allen digitalen Kanälen zu bedienen und dafür je nach Fall Künstliche Intelligenz oder einen Menschen einzusetzen. Sobald die Künstliche Intelligenz merkt, dass die Genauigkeit ihrer Antworten unter einen festgelegten Wert sinkt, übergibt sie die Anfrage proaktiv dem menschlichen Kundendienst.

Das Qualitätsmanagement erfolgt mit Hilfe des sogenannten Confidence Levels. Er dient Unblu auch dazu, einen Chatbot schrittweise und ohne Reputationsrisiko einzuführen: So kommt dieser bei der Kundenkommunikation anfänglich nur dann zum Einsatz, wenn er die Antworten wirklich weiss; alle anderen Antworten werden von den Mitarbeitenden des Contact Centers persönlich erteilt.

Derweil wird der Chatbot weiter trainiert, sodass die Genauigkeit der Antworten bei der Kundenkommunikation laufend zunimmt. Schliesslich kann die KI die rund 80 Prozent der wiederkehrenden Routineanfragen automatisch beantworten. Zugleich verknüpft Unblu die KI mit unternehmenseigenen Informationen und den Daten aus dem CRM-System. Das Resultat: aktuelle Auskünfte und eine individuelle Behandlung der Kundinnen und Kunden.

Interaktion von Bot zu Bot

Und wie sieht die Zukunft der Kundenkommunikation aus? Die Trendstudie «Kundendialog 2025» prophezeit, dass Kunden künftig selbst Bots haben werden, die sie beauftragen, direkt mit den Bots der Unternehmen zu kommunizieren. Langfristig gesehen erledigen sich Anfragen somit ganz ohne menschliches Zutun. Für den Zukunftsforscher Michael Carl, Autor der Studie, wird damit die direkte Interaktion mit Unternehmen für die Kunden zunehmend zur «Zeitverschwendung».

Sophie Hundertmark

ist selbständige Beraterin für Chatbots und Künstliche Intelligenz und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Luzern

Portrait Sophie Hundertmark

Jens Rabe

ist Co-CEO von Unblu

Portrait Jens Rabe

Raphael Tanner

ist Lead Conversational Designer bei der Schweizerischen Post

Portrait Raphael Tanner