Mit Testimonials zum Werbeerfolg So erzeugen Markenbotschafter Aufmerksamkeit
Testimonials sind ein beliebtes Marketing-Instrument. Ob prominent oder nicht, Markenbotschafter erzeugen Aufmerksamkeit und verleihen einem Produkt Glaubwürdigkeit. Doch was unterscheidet eine gute von einer schlechten Kampagne? Und worauf kommt es bei der Wahl des Markenbotschafters an?
George Clooney trinkt genüsslich einen Espresso, Roger Federer bewundert seine Luxusuhr, eine junge Frau schwärmt von ihrer neuen Brille: Werbung mit bekannten und auch weniger bekannten Persönlichkeiten ist beliebt. Testimonials, wie die Markenbotschafter im Fachjargon heissen, generieren Aufmerksamkeit und lassen ein Produkt, eine Marke glaubwürdig wirken. Das Wort Testimonial – aus dem Lateinischen testimonium – bedeutet so viel wie Zeugnis oder Beweis. Eine Person, die das beworbene Produkt selber nutzt, wird zum Übermittler der Werbebotschaft. Damit sollen sich Werte wie Vertrauenswürdigkeit, Attraktivität oder Erfolg vom Testimonial auf die Marke übertragen und dessen Image positiv aufladen. Welches ist der beste Kaffee? Die schönste Uhr? In einer Zeit, in der Konsumenten von Informationen überflutet werden, bieten Clooney und Co. Orientierung – und fördern im Optimalfall Konsumentscheide.
Prominente projizieren vor allem ihre persönlichen Charaktereigenschaften auf ein Produkt, Kunden vermitteln Glaubwürdigkeit und Nähe.
Gewiss kann sich nicht jedes Unternehmen in der Schweiz einen internationalen Film- oder Sportstar als Markenbotschafter leisten – muss es aber auch nicht. Selbst für Unternehmen mit kleinem Budget lohnt sich der Einsatz von Testimonials. «KMU können für ihre Werbung lokal bekannte Prominenten wählen, oder aber mit eigenen Kunden werben», sagt Sven Reinecke, Marketingprofessor an der Universität St. Gallen. Während Prominente vor allem Charaktereigenschaften auf ein Produkt projizieren, erzeugen Kunden Glaubwürdigkeit und Nähe. Doch worauf kommt es bei der Wahl des Testimonials an? Welche Kriterien gelten für eine erfolgreiche Testimonial-Kampagnen? Und welche Faktoren sprechen gegen sie?
Der Fit entscheidet
Ob Testimonial-Werbung für ein Unternehmen sinnvoll ist oder nicht, hängt davon ab, was damit erreicht werden soll. «Ein Unternehmen muss sich zuerst überlegen, welches Ziel die Werbung erfüllen soll und ob dafür ein Markenbotschafter die richtige Massnahme ist», erklärt der Marketingexperte Sven Reinecke und verweist auf das Beispiel eines Schweizer Kaffeemaschinenherstellers. Die Firma Jura wollte ihre Marktposition im Ausland weiter stärken. «Der Faktor Swissness musste her», sagt Reinecke. Eigenschaften der Schweiz sollten die Qualität der Kaffeemaschinen unterstreichen und ausländische Käufer überzeugen. Und wer, wenn nicht Roger Federer wäre dafür als Testimonial besser geeignet?
2006 nahm Jura den Schweizer Tennisspieler unter Vertrag. «Werte wie harte Arbeit, Präzision, Eleganz und das Streben nach Perfektion sind der gemeinsame Nenner der erfolgreichen Partnerschaft», schreibt Jura zum Engagement mit ihrem berühmten Markenbotschafter. Auch Experte Sven Reinecke spricht von einer gelungenen Besetzung. Marken- und Testimonial-Charakter seien optimal aufeinander abgestimmt.
Wie erfolgreich eine Testimonial-Werbung verläuft, steht und fällt also mit der Auswahl des Markenbotschafters. Nicht jede Person passt zu jedem Produkt oder Unternehmen. Die Firma, ob gross oder klein, muss sich bewusst überlegen, welche Eigenschaften es von seinem Testimonial erwartet. In der Wissenschaft existieren verschiedene Modelle, nach denen Markenpersönlichkeiten bestimmt werden können. Unterscheiden lassen sich Attribute wie Attraktivität, Verlässlichkeit, Temperament oder Natürlichkeit. Diese Merkmale können bestehende Markeneigenschaften entweder verstärken oder ergänzen – Letzteres etwa dann, wenn der Markencharakter Defizite aufweist.
Wenn der Fit zu identisch ist, geht die Wirkung verloren.
Sven Reinecke, Marketing-Professor Universität St. Gallen
«Wichtig ist in jedem Fall, dass Produkt und Persönlichkeit zueinander passen», sagt Sven Reinecke. «Wobei die Passung nicht zu perfekt sein darf.» Der Fussballspieler und St. Galler Tranquillo Barnetta etwa wäre keine gute Wahl, um für den FC St. Gallen zu werben. «Wenn der Fit zu identisch ist, geht die Wirkung verloren.» Schliesslich soll Werbung laut Reinecke im Idealfall eine neue, und nicht die gleiche Zielgruppe ansprechen. Der Marketingexperte liefert ein weiteres Beispiel: «Beim Berliner Marathon ist BMW der Namenssponsor. Würde beispielsweise der Sportschuhhersteller Asics dieses Sponsoring übernehmen, dann würde das zwar auch gut passen – aber die Zusatzwirkung wäre fraglich, weil die meisten Läufer ohnehin bereits Asics-Kunden sind.»
Von Vampiren und Affären
Neben der Übereinstimmung von Testimonial und Marke stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Markenbotschafters. «Ein entscheidender Faktor, der insbesondere bei Prominenten zum Tragen kommt», sagt Reinecke. Zwar schaffen es Berühmtheiten durch ihren Status höhere Aufmerksamkeit zu generieren und dadurch mehr Menschen anzusprechen. Doch birgt gerade ihre Prominenz auch ein grosses Risiko. Bekannte Markengesichter, die nicht authentisch kommunizieren können, dass sie ein Produkt selbst nutzen oder hinter einer Marke stehen, rechnen sich fürs Unternehmen nicht.
Wichtig ist es daher, genau zu begründen, was gefällt oder worauf die Begeisterung beruht. Insbesondere dann, wenn ein Testimonial bei verschiedenen Firmen unter Vertrag ist, kann das Produkt schnell austauschbar wirken. «Die Glaubwürdigkeit sinkt», sagt Reinecke und verweist auf einen weiteren Erfolgsfaktor von Testimonial-Werbung: Exklusivität. «Ein entscheidendes Kriterium, weshalb zum Beispiel Nespresso mit ihrem Kaffeebotschafter George Clooney so erfolgreich ist». Wer an Nespresso denkt, denkt an George Clooney und umgekehrt.
Bekannte Markengesichter, die nicht authentisch kommunizieren können, dass sie ein Produkt selbst nutzen oder eine Marke mindestens gut finden, rechnen sich fürs Unternehmen nicht.
So effektiv eine starke Verbundenheit von Botschafter und Marke auch sein mag, so unberechenbar wird sie laut Reinecke bei einer zu starken Abhängigkeit. Zum einen besteht die Gefahr, dass der Markenbotschafter ungewollt zu fest in den Vordergrund rückt und den Fokus statt aufs Produkt auf sich selbst lenkt. «Bei diesem als Vampir-Effekt bekannten Phänomen saugt das Testimonial die ganze Aufmerksamkeit auf», so Reinecke. Auf der anderen Seite ist das Risiko insbesondere durch Fehltritte des Prominenten gefährlich.
Genauso, wie positive Attribute die Marke positiv aufladen, können Affären, Doping-Skandale oder Schwindeleien einen erheblichen Imageschaden anrichten. Berühmtestes Beispiel lieferte der amerikanische Golfer Tiger Woods, als 2009 seine zahlreichen Affären publik wurden. Der Skandal dominierte für Wochen die Newsschlagzeilen. Reinecke: «Ein Paukenschlag für den damaligen Sponsor Gillette, der den Werbevertrag mit der Sport-Ikone daraufhin auflöste beziehungsweise nicht verlängerte».
Prominente sind wirkungsvoller – aber bergen mehr Risiken
Die Auswahl des Markenbotschafters alleine macht noch keine erfolgreiche Kampagne. Hätte Nespresso mit George Clooney nur einen einzigen Katalog gedruckt, wäre der Slogan «What else?» wohl kaum so berühmt geworden. Die Testimonial-Werbung muss medienwirksam inszeniert werden. Dazu gehören Überlegungen zum Einsatz des Testimonials auf den unterschiedlichen Kommunikationskanälen. Grundsätzlich können neben den klassischen Kommunikationswegen über TV, Print und Online auch Dialogmarketing-Massnahmen wie Newsletter, Mailings und Broschüren in Betracht gezogen werden. «Der berühmte rote Faden sollte aber überall erkennbar sein», sagt Sven Reinecke. Das heisst, Kampagne und Marketingziele müssen in Einklang stehen.
Wie breit eine Testimonial-Kampagne im Endeffekt angelegt ist, hängt stark vom Budget ab. «Fernsehspots sind teurer als Plakate, Inserate kosten mehr als Social Media», so Reinecke. Generell sei der Aufwand einer Testimonial-Werbung aber schwer zu beziffern. «Je nach Markenwert des Botschafters, Einbindung in die Kommunikationsstrategie, Exklusivität und Internationalität der Rechtenutzung unterscheiden sich die Kosten stark». Unternehmen mit geringem Budget hätten daher zwei Optionen: «Entweder sie werben mit einem bekannten Testimonial auf nur einem Kanal oder aber sie verpflichten einen unbekannten Markenbotschafter und streuen die Werbung breiter». Beide Varianten hätten Vor- und Nachteile. Zwar erreichen Prominente eine grössere Zielgruppe als beispielsweise Kunden. Doch geht mit ihrer Verpflichtung auch ein höheres Risiko einher.
Authentisch, ehrlich, gut
Doch ganz egal ob bekannter oder unbekannter Botschafter, eine Testimonial-Kampagne wirkt letztlich nur dann überzeugend, wenn der Inhalt ehrlich und die Geschichte authentisch erzählt wird. Dafür müssen Testimonial und Marke zwingend miteinander harmonieren. Orientiert sich die Kampagne dazu am übergeordneten Ziel – der Kommunikationsstrategie – ist der Grundstein für eine erfolgreiche Testimonial-Werbung gelegt und damit der Weg frei für mehr Glaubwürdigkeit, höhere Bekanntheit und ein attraktives Markenimage.
- Überlegen Sie sich zuerst, was Sie mit Ihrer Kommunikation erreichen möchten und ob ein Testimonial dafür die richtige Massnahme ist.
- Definieren Sie Attribute, die Ihre Marke beschreiben. Wählen Sie Eigenschaften, die verstärkend oder ergänzend wirken. Wählen Sie ein Testimonial, dass ähnliche Charaktereigenschaften wie Ihre Marke aufweist.
- Überprüfen Sie die Glaubwürdigkeit und Sympathie des Testimonials in der Öffentlichkeit.
- Für welche anderen Unternehmen und Produkte wirbt das Testimonal? Gibt es Interessenskonflikte? Machen Sie sich Gedanken, ob weitere Verpflichtungen des Markenbotschafters Ihre Werbung beeinflusst.