Crossmediale Kommunikation braucht Daten

Crossmediale Kommunikation braucht Daten Interview mit Marketingprofessorin Anja Janoschka

Bei der crossmedialen Kommunikation brauchen Unternehmen nicht auf allen Kanälen mitzuspielen. Dieser Meinung ist die Marketingprofessorin Anja Janoschka. Doch um die richtige Auswahl zu treffen, muss das Marketing das Mediennutzungsverhalten der Kunden und die relevanten Touchpoints kennen – mithilfe von Daten.

Porträt von Anja Janoschka
Anja Janoschka leitet das Major Marketing am Institut für Kommunikation und Marketing der Hochschule Luzern – Wirtschaft.
Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Vorteilen der crossmedialen Kommunikation gibt es?

Anja Janoschka: Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass sich ein crossmedialer Ansatz unter anderem positiv auf Reichweite, Werbedruck und Verkauf auswirkt. Die Botschaften werden nachweislich stärker verankert und führen zu höheren Konversionsraten. Zu diesen Resultaten kommt auch eine Digital-Commerce-Studie unseres Instituts für die Retailbranche. Sie zeigt die starke Verbindung zwischen physischen und digitalen Touchpoints auf. Crossmediale Kommunikation erlaubt zudem eine differenzierte und personalisierte Ansprache der Kunden, mitunter nützlich für die Kundenbindung und die Gewinnung von Neukunden.

Die Vielfalt an Kanälen ist eine wunderbare Spielwiese.

Kanäle können sich auch kannibalisieren. Wie schätzen Sie diese Effekte ein?

Bei der crossmedialen Kommunikation stehen zwei Fragen im Zentrum: Welches Ziel verfolgen wir? Und wie ist das Mediennutzungsverhalten der Zielgruppe? Wenn die Kanäle darauf abgestimmt werden, kann es vorkommen, dass ein Kanal einen anderen substituiert – dass etwa Paid Media durch Owned Media ersetzt werden. Dann liegt zwar eine gewisse Kannibalisierung vor. Und trotzdem kommt das Unternehmen seinem Ziel näher. Wichtig sind dabei laufende Performance-Messungen. Ohne Daten lässt sich das crossmediale Marketing kaum bewerkstelligen.

Das Verzahnen von Kanälen stellt eine echte Herausforderung dar. Wie lässt sie sich am besten meistern?

Ich sehe die Vielfalt an Kanälen als komplexe, aber wunderbare Spielwiese. Sie bietet beste Möglichkeiten, auf das unterschiedliche Mediennutzungsverhalten einzugehen. Als Basis benötigen Unternehmen eine Analyse zur Customer Journey ihrer Zielgruppen und zu den wichtigsten Touchpoints: Wo tummeln sich die Kunden? Wie informieren sie sich? Die dazu erhobenen Daten helfen, das Zusammenspiel der Kanäle zu koordinieren – wie sie ausgestaltet sein sollten und welche Botschaften wo und wann zu platzieren sind. Um den dafür nötigen Content umzusetzen, haben inzwischen einige Unternehmen Newsrooms geschaffen. Insgesamt bedeutet der Aufbau der crossmedialen Kommunikation einen längeren Prozess. Er sollte strategisch verankert sein und organisatorisch die relevanten Disziplinen wie zum Beispiel Kommunikation, Kreation, Mediaplanung und IT an einen Tisch bringen.

Der Aufbau der crossmedialen Kommunikation bedeutet einen längeren Prozess, der strategisch verankert sein sollte.

Welche Tipps geben Sie Unternehmen zur Wahl der Kanäle?

Kommunikation ist kein Selbstzweck, sondern sollte einem Ziel dienen. Bei der Wahl der Kanäle spielt es eine grosse Rolle, ob das Unternehmen rasch seine Bekanntheit steigern oder neue Kunden akquirieren will. Das A und O ist in jedem Fall, das Mediennutzungsverhalten und die Touchpoints zu kennen. Auch das Budget gibt den Rahmen vor. Unternehmen brauchen nicht auf allen Kanälen mitzuspielen. Es ist spannend, immer wieder neue Wege auszuprobieren oder etwa auf A/B-Testing zu setzen. Dabei kann es durchaus passieren, dass ein Kanal nicht performt, der eigentlich als stark gilt.

Treffen Sie Ihre Kundinnen und Kunden dort, wo sie sind

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Ich will mehr über Cross-Channel Solutions erfahren

Bei der crossmedialen Kommunikation liegt der Fokus häufig auf den digitalen Kanälen. Welchen Stellenwert haben aus Ihrer Sicht die physischen Kanäle?

Das hängt von der Branche und dem einzelnen Unternehmen ab. Insgesamt haben etwa Prospekte und Out-of-Home-Werbung – diese auch in hybrider Form ­– nach wie vor eine grosse Relevanz. Bei physischen Mailings geht es heute darum, beispielsweise mit einer speziellen Gestaltung noch mehr Aufmerksamkeit zu generieren und so Conversion wie neue Kontakte oder Kaufabschlüsse zu erzielen.

 

 

Zur Person

Prof. Dr. Anja Janoschka ist Leiterin des Major Marketing am Institut für Kommunikation und Marketing der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Sie ist Co-Autorin des neu erschienenen Buchs «Marketing – Konzepte, Strategien, Instrumente, Controlling».