«Ein Kundenmagazin braucht Haltung»

«Ein Kundenmagazin braucht Haltung» Im Gespräch mit Editorial-Design-Experte Thomas Wolfram

Für Creative Director und Dozent Thomas Wolfram steht fest: Kundenmagazine sind ein Spiegel der Zeit. Obwohl er schon unzählige gesehen hat, freut er sich immer noch über besonders gelungene Neuentdeckungen. Ein Gespräch über Designtrends, störende Störer und das Schlendern durch den Globus.

Portrait Thomas Wolfram
Editorial-Design-Experte Thomas Wolfram plädiert bei Kundenmagazinen für viel gestalterische Freiheit. Die Leserinnen und Leser sollen durch die Gestaltung vor allem die DNA des Unternehmens spüren.

Welche Kundenmagazine sind Ihnen positiv aufgefallen?

Thomas Wolfram: Mein Liebling ist das Globus Magazin – ein Magazin, das den Namen verdient. Es überzeugt mich durch Format und Haptik sowie durch seine Sorgfalt. Ein All Time Favourite ist das Bordmagazin von SWISS. Dank seiner erfrischenden, inspirierenden Art blättert man es gerne durch. Nicht nur, weil es einem im Flugzeug langweilig ist, sondern weil einen darin spannende Inhalte erwarten. Das Kundenmagazin von Sanitas wiederum hat mich positiv überrascht, da die Magazine von Krankenkassen in der Regel unspektakulär sind. Dieses jedoch findet die Balance von relevanten Themen und sorgfältiger Aufbereitung. Leider eingestellt wurde das «Bulletin» der Credit Suisse. Es hatte einen enorm hohen Anspruch: journalistisch, bei der Fotografie, von der Aufbereitung her. Die Zeitlosigkeit im Auftritt war vorbildlich.

Was braucht ein gutes Kundenmagazin?

Das richtige Zusammenspiel von Inhalt, Form und Haltung. Diese Faktoren gehören zusammen und sollten nicht isoliert betrachtet werden.

Bevor wir gleich auf die Gestaltung zu sprechen kommen: Was steckt hinter dem Begriff Haltung?

Mit der Haltung meine ich die Marken-DNA: Identität, Werte, Botschaften. Heute ist oft die Rede vom Purpose. Warum braucht es uns als Unternehmen? Wofür engagieren wir uns? Wie grenzen wir uns von der Konkurrenz ab? Das alles prägt die Unternehmenskultur. Und diese muss ich als Leserin oder Leser eines Kundenmagazins spüren.

Wenn wir den Fokus nun auf die Form legen, was macht die gute Gestaltung eines Kundenmagazins aus?

Dass sie eine gestalterische Idee konsequent verfolgt und die Wirkung im Auge behält. Als Grafikerin oder Grafiker muss ich mir bewusst sein: Alles, was ich mache, löst eine Wirkung aus. Dies betrifft das Format, die Wahl des Papiers, wie sorgfältig ich Bilder inszeniere, mit wie viel Weissraum ich arbeite. Überhaupt hat eine gute Gestaltung für mich mit Grosszügigkeit zu tun. Ein solches Magazin ist aufgeräumt statt mit Lesehäppchen und Störern vollgepackt. Zu Direct Mailings, die mich zu einem Kauf bewegen sollen, passen diese Elemente. Doch in Magazinen verwirren sie mich eher. Denn ich möchte in Ruhe lesen und mich auf die Zeitschrift einlassen können. Das Globus Magazin zum Beispiel schlage ich auf und lasse mich treiben. Es ist eine Art Schlendern durch den Globus.

Ein aufgeräumtes Kundenmagazin hat Lustinseln: starke Titel, Leads oder Quotes, die mich in die Artikel reinziehen.

Thomas Wolfram, Creative Director und Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste

Sie haben von einem aufgeräumten Magazin gesprochen. Was meinen Sie damit?

Aufgeräumt heisst, dass es einen sorgfältigen Umgang mit Weissraum gibt und eine überlegte Kombination von Bildern und Typografie. Ein aufgeräumtes Magazin lässt Sachen weg, die es nicht braucht, besinnt sich auf die Essenz. Es hat Lustinseln: starke Titel, Leads oder Quotes, die mich in die Artikel reinziehen. Sind die Headlines hingegen nur durchschnittlich, muss ich das über die Form kompensieren und an der Gestaltungsschraube drehen.

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Welche aktuellen Trends beobachten Sie beim Layout von Magazinen?

Im Trend liegen unter anderem ungewohnte, spannende Schriften, viel Raum, grosse Bilder ohne Typografie und Titelbilder, die nicht mehr randabfallend sind. Allgemein bemerke ich beim Editorial Design eine wiederaufkeimende Freude am Gestalten, am Kombinieren grafischer Elemente und am sorgfältigen Umgang mit ihnen.

Wie trendy darf oder sollte ein Kundenmagazin sein?

Es muss zeitgemäss sein. Denn die Leserinnen und Leser vergleichen das Kundenmagazin mit anderen Zeitschriften, gerade auch mit bezahlten. Wenn ein Kundenmagazin dröge daherkommt – formell, institutionell, reizlos –, dann ist meine Bereitschaft gering, mich darauf einzulassen. Dass viele Kundenmagazine wie Informationsblätter wirken, liegt aber nicht nur an der Gestaltung. Oft fehlen die attraktiven Inhalte. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Unternehmen können sich Trends nicht verschliessen. Jede Grafikerin und jeder Grafiker hat Vorbilder und lässt sich inspirieren. Das trendige Wirtschaftsmagazin «brand eins» zum Beispiel hat über Jahre das Editorial Design geprägt und auch Kundenmagazine beeinflusst. Diese sind also immer ein Spiegel der Zeit. Man sieht einem Kundenmagazin sofort an, ob es aus dem Jahr 2022 stammt oder aus den 1990er-Jahren.

Ein häufiger Diskussionspunkt bei Kundenmagazinen ist die Nähe zum Corporate Design. Welche Meinung vertreten Sie dazu: Wie weit darf sich ein Magazin vom Unternehmensauftritt abgrenzen?

Was dies anbelangt, sind wir heute viel offener als noch vor ein paar Jahren. Während alle Broschüren und Produktpublikationen wegen der Wiedererkennbarkeit gleich daherkommen müssen, bin ich bei den Kundenmagazinen klar der Meinung: Hier braucht es viel Freiheit. Selbstverständlich muss die Gestaltung im Mediamix des Unternehmens Platz haben. Dabei helfen das Logo, die Farbwelt, allenfalls auch Schriften. Doch viel wichtiger ist, dass die Leserinnen und Leser durch die Gestaltung die DNA des Unternehmens spüren. Ein gutes Beispiel dafür ist das SWISS Magazine. Es setzt nur zurückhaltend auf die Schrift Univers, den Corporate Font der Airline. Grösstenteils kommen Antiqua-Schriften zum Einsatz, weil sie einfach besser lesbar sind. Dem Magazin gelingt es perfekt, die Story des Unternehmens zu vermitteln und Lust am Reisen zu wecken. Da sagt kein Mensch: «Das ist nicht die richtige Schrift.» Es interessiert schlicht niemanden.

Zum Schluss: Welches sind Ihre drei wichtigsten Expertentipps zur Gestaltung von Kundenmagazinen?

Der wichtigste Punkt ist die Kollaboration von Redaktion und Designteam. Es geht nicht, dass die Redaktion sagt: «Das sind die Inhalte. Nun macht in der Grafik ein schönes Layout.» Stattdessen müssen Magazine gemeinsam entwickelt werden – mit dem Vorsatz: Zusammen kreieren wir etwas Tolles. Zweitens sollte ein Kundenmagazin so gestaltet sein, dass alle im Redaktions- und Designteam es selbst auch gerne lesen möchten. Die Kontrollfrage dafür lautet: Wenn das Magazin auf dem Tisch liegt, schaue ich hin, weil mich etwas triggert? Drittens muss ein Magazin lustvoll gestaltet sein. Dann spüren die Leserinnen und Leser, dass nicht einfach der Raster abgefüllt wurde, sondern Energie drinsteckt. Ich erlaube mir noch einen vierten Tipp: Machen Sie Ihr Kundenmagazin lesbar. Im besten Fall wirkt die Typografie unaufgeregt und richtet sich komplett darauf aus, dass man das Magazin gern in Ruhe liest. Das ist für mich eine grosse Qualität.

Zur Person

Thomas Wolfram ist einerseits Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste, wo er den Schwerpunkt «Identität & Marke» im Studienbereich Visual Communications leitet und in der Forschung aktiv ist. Andererseits leitet er als Creative Director das Design-Team bei Martin et Karczinski in Zürich und München. Zusätzlich ist er langjähriges Jurymitglied des Geschäftsberichte-Ratings der Zeitschrift «Bilanz».

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