Aktuelle Studien zu Marketing und Medien Diese sind uns aufgefallen
Jedes Jahr erscheinen Dutzende von Studien und Statistiken zu den generellen Entwicklungen im Marketing- und Medienmarkt. Relevant oder nicht relevant? Wir haben aus subjektiver Sicht spannende Studien aus der Schweiz und aus Deutschland für Sie herausgepickt.
Wenn ich Hundefutter verkaufen will, muss ich erst einmal die Rolle des Hundes übernehmen; denn nur der Hund allein weiss ganz genau, was Hunde wollen.
Ernest Dichter, Psychologe und Pionier der Marktpsychologie
Die hier als Summaries präsentierten Studien verdienen Ihre besondere Aufmerksamkeit. Weil sie zu aktuellen Fragen aus den Bereichen Medien, Marketing, Marketing-Kommunikation und insbesondere Dialogmarketing spannende Antworten liefern und somit konkreten Nutzen bieten.
Welches sind zurzeit die Gewinner und Verlierer im Wettbewerb der Medien?
Es gibt ein Medium, das chronisch kränkelt, und seine Prognosen sehen eher düster aus. Es gibt Medien mit jahrzehntelanger Tradition, die sich erstaunlich gut behaupten. Und es gibt Medien, die der Alleinherrschaft in der Medienwelt entgegenstreben. Wie steht aktuell das Rennen im Kampf um die Gunst der Mediennutzerinnen und -nutzer?
Den Helikopterblick verschaffen die «Statistiken zu Medien und Mediennutzung in der Schweiz».
Summary
- Gedruckte Zeitungen verlieren weiterhin an Reichweite
- Reichweite TV 2020: Deutschschweiz 63%, Westschweiz 65%, Tessin 72% / Tag
- Reichweite Radio 2020: Deutschschweiz 79,5%, Westschweiz 97,5%, Tessin 82,6% / Tag
- Regelmässige Internetnutzung alle: 88,7%
- Regelmässige Internetnutzung 14- bis 19-jährige: 98,9%
- Nutzung Video-Streaming-Plattformen: YouTube 75%, Netflix 54%
Die Medienlandschaft ist permanent in Bewegung. Sich regelmässig einen Überblick über die aktuelle Situation zu verschaffen, zählt zu den Pflichtübungen für Marketingverantwortliche.
Herausgeberin
Statista Research Departement
Durchführung / Publikation
2020 / 2021
Methode
Verbindung von Daten aus Geschäftsberichten und Konsumentenumfragen sowie Einschätzungen von Analysten
Welche Mediengattung ist zurzeit auf der Überholspur unterwegs?
Wenn Werbebudgets schrumpfen, wie dies in der Pandemiezeit der Fall war, erfolgt die Mediaselektion zwangsläufig selektiver. Die Marketingverantwortlichen in den Unternehmen schauen noch genauer hin, welche digitalen und physischen Mediengattungen den höchsten Return on Investment bringen.
Tatsächlich ist die Entwicklung der Mediengattungen im Jahr 2020 an einem Wendepunkt angelangt. Den Nachweis erbringt der «Dialogmarketing-Monitor 2021».
Summary
- Trotz pandemiebedingtem Rückgang der gesamten Werbeinvestitionen legten die Dialogmedien (Online-Marketing, Print-Mailings, Telefonmarketing) zu und überholten die klassischen Medien mit einem Anteil von 52%.
- Bei 82% der Empfängerinnen und Empfänger findet adressierte Werbung Beachtung. Sie blättern adressierte Werbesendungen durch.
- Rund 60 Prozent der Print-Mailings werden von mehr als einer Person im Haushalt angesehen.
Die Resultate des Dialogmarketing-Monitors entsprechen den Zahlen der Werbestatistik Schweiz. Die Updates erscheinen jährlich, jeweils im Mai.
Die Zuweisung der Budgetanteile auf die verschiedenen Mediengattungen durch die Unternehmen ist ein nützlicher Benchmark für die eigenen Entscheidungen bei der Medienwahl.
Autorenschaft
Deutsche Post DHL Group
Durchführung / Publikation
2020 / 2021
Methode
Befragung von Marketing-Entscheiderinnen und -Entscheidern zu ihren Werbeaktivitäten und Budgets
Wie stark beeinflusst die subjektive Perspektive die Mediaselektion?
Der Mensch neigt dazu, die Welt aus seiner Sicht zu betrachten. Manchen fällt es schwer, eine andere Sichtweise einzunehmen. Bei der Mediaplanung ist es jedoch geboten, die persönliche Perspektive aufzugeben, und sich an den Präferenzen der Mediennutzerinnen und -nutzer zu orientieren.
Dass sich diese Einsicht in der Branche noch nicht überall durchgesetzt hat, zeigt die Studie «Media Bias: Mediennutzung der Marketing- und Medienprofis im Vergleich zur Schweizer Bevölkerung».
Summary
- Das Mediennutzungsverhalten der Medienprofis unterscheidet sich teils deutlich von jenem der Gesamtbevölkerung. Sie liegen bei ihrer Einschätzung der Mediennutzung der Gesamtbevölkerung im Schnitt um 10 Prozentpunkte daneben.
- Generell neigen Medienprofis dazu, die Nutzung von klassischen, sprich Printmedien durch die Bevölkerung zu unterschätzen und die Nutzung von digitalen Medien zu überschätzen. Deutlich überschätzt wird die Nutzung von Social Media.
Sie erinnert daran, dass es bei der Mediaplanung wichtig ist, die eigenen Nutzergewohnheiten auszublenden und sich konsequent an verlässlichen Mediadaten zu orientieren.
Autorenschaft
Goldbach Media, Interessengemeinschaft elektronische Medien IGEM
Durchführung / Publikation
2021
Methode
Umfrage unter Medienprofis
Was machen die Leute eigentlich mit Print-Mailings?
Das aktuelle Nutzerverhalten der Medienkonsumentinnen und -konsumenten zeigt klar, dass kein Unternehmen an crossmedialen Strategien vorbeikommt. Print unterstützt digital und umgekehrt erst recht. Dieser Effekt macht Print-Mailings und E-Mail-Reminder zum unschlagbaren Erfolgsduo im zeitgemässen Marketing.
Erstaunliche Zahlen zu diesem Thema liefert die deutsche Studie «Werbewirkung Print-Mailings bei Bestandskunden».
Summary
- Die durchschnittliche Conversion Rate der Mailings betrug hervorragende 6,8%.
- Reagierer auf das Print-Mailing steigerten ihr Bestellvolumen gegenüber vorherigen Käufen um 22%.
- 61% der Bestellungen trafen später als 14 Tage nach dem Versand ein – ein Indiz dafür, dass Print-Mailings aufbewahrt werden.
Sie liefert überzeugende Argumente für die Verknüpfung von physischen und digitalen Kommunikationsmitteln und die ungebrochen hohe Akzeptanz von physischen Mailings bei Kundinnen und Kunden des Online-Handels.
Autorenschaft
CMC Collaborative Marketing Club, Deutsche Post
Durchführung / Publikation
2020 / 2021
Methode
Online-Befragung von 36 Online-Händlern und E-Commerce-Kunden
Giveaways als Wirkungsverstärker
Physische Mailings eignen sich in idealer Weise als Transportmittel für kleine Geschenke. Dass sich der Mehraufwand für die Realisation eines 3D-Mailings auszahlen kann, unterstreicht die Studie «Werbewirkung von Werbeartikeln».
Das Wichtigste in Kürze:
- Über 60% der haptischen Werbeträger sind länger als ein Jahr in Gebrauch
- Werbeartikel erreichen an einem Durchschnittstag 89% der Bevölkerung ab 14 Jahren
- Der Recall liegt bei Werbeartikeln bei 70%
Autorenschaft
GGW (Gesamtverband der deutschen Werbeartikel-Wirtschaft e.V.)
Wie verändert Psychologie die Definition von Zielgruppen?
Wer ist meine Zielgruppe? Wie lebt sie? Wie konsumiert sie? Wie tickt sie? Welches sind ihre Präferenzen? Mit Fragen wie diesen schlagen sich Marketingverantwortliche herum, seit es Marketing gibt. Die Methoden zur Zielgruppensegmentierung dazu wurden im Laufe der Zeit stetig verfeinert. Neben demografischen, sozioökonomischen Kriterien, Entwicklung von Personas oder Selektierung nach Milieus rückt die Psychografie vermehrt ins Zentrum.
Transparenz in Wertehaltungen und Markenaffinitäten bringt die intuitive Psychografiestudie «MACH Values».
Summary
- Psychografische Informationen über Mediennutzerinnen und -nutzer sowie Konsumzielgruppen ermöglichen die Analyse und Definition von Zielgruppen auf der Basis der Wertedimensionen traditional, hedonistic und communitarian (engagiert, verantwortungsbewusst).
- Die Typologie umfasst 8 Value-Typen, denen die typenspezifischen Interessen zugeordnet sind.
MACH Values bietet mehr als Umfrageergebnisse. Sie ermöglicht es, Marketing-Zielgruppen psychografisch umfassend zu analysieren und zu definieren und erleichtert mit intuitiven Darstellungen die Strategieentwicklung und Mediaplanung.
Autorenschaft
WEMF AG für Werbemedienforschung
Durchführung / Publikation
2021
Methode
Befragung Wohnbevölkerung der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein
Wie wird Werbung in Deutschland und der Schweiz auf unterschiedlichen Kanälen wahrgenommen?
Dass Deutsche und Schweizer in zahlreichen Bereichen unterschiedlich ticken, ist bekannt. Marketing- und Werbeplaner tun also gut daran, ihre Mediastrategien länderspezifisch auszurichten. Übernehmen sie beispielsweise einen Mediaplan für Deutschland eins zu eins für den Schweizer Markt, werden sie zweifellos ein Wirkungsdefizit einfahren.
Streiflichter auf die Differenzen bei der Reichweite und der Akzeptanz der wichtigsten Media-Touch-Points zwischen den beiden Märkten wirft die Studie «Mediaperformance im Vergleich Deutschland & Schweiz».
Summary
- OOH hat in der Schweiz einen deutlich höheren Stellenwert als in Deutschland.
- TV, YouTube und Radio weisen in Deutschland die höhere Reichweite auf als in der Schweiz.
- Generell stören sich Schweizer mehr an Werbung als die Deutschen.
Neben aktuellen Daten zur Wahrnehmung von Werbung in Deutschland und der Schweiz liefert die Studie auch Kanalempfehlungen für Kampagnen mit kurzer, respektive längerer Laufzeit in den beiden Märkten.
Autorenschaft
dieMarktforscher.org
Durchführung / Publikation
Oktober/November 2021
Methode
Online-Interviews mit je über 2000 Personen in Deutschland und der Schweiz, Altersgruppe 18 bis 69 Jahre
Corona und Humor: Verträgt sich das?
Wenn die Grundstimmung in der Bevölkerung von Unsicherheit und Ängsten geprägt ist, stellt sich die Frage, wie Werbung darauf reagieren soll: die Pandemie ignorieren oder thematisieren? Sensibilität für die schwierige Situation der Konsumentinnen und Konsumenten signalisieren oder einfach weitermachen wie bisher?
Diesen Fragen geht die Studie «Wie Werbung in Corona-Zeiten sein sollte» auf den Grund.
Summary
- Rund 90% der Befragten wünschen sich, dass Werbung eine überwiegend positive Stimmung haben soll und auch wieder originell und lustig sein darf.
- Rund 70% erwarten von der Werbung Sensibilität für die aktuelle Situation, Rund 40% sind der Meinung, dass die Werbung Corona thematisieren sollte.
Die Aussagen der Studienteilnehmenden geben den Rahmen vor, in dem sich Werbung in herausfordernden Zeiten bewegen soll. Zudem vermittelt die Studie ein Bild der Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten an die Werbung.
Autorenschaft
Demoscope in Zusammenarbeit mit MediaAnalyzer, Hamburg
Durchführung / Publikation
Januar 2021
Methode
Online-Befragung Deutschschweiz
Auf Relevanz und Aussagekraft kommt es an 10 Kriterien für die Beurteilung von Studien und Studienergebnissen
Studien liefern wertvolle Erkenntnisse für die Entscheidungen der Marketingstrategen und -planer. Voraussetzung ist, dass sie relevant und aussagekräftig sind. Man kann mit Studien fast alles beweisen – auch das Gegenteil. Um die Qualität und den Nutzen einer Studie zu beurteilen, empfiehlt es sich, Urheberschaft und Studiendesign etwas genauer anzuschauen.
Die Glaubwürdigkeit einer Studie hängt wesentlich davon ab, wer sie in Auftrag geben hat und wer mit der Durchführung betraut war. Seriöse Auftraggeber und gut beleumundete, unabhängige Markt- und Meinungsforschungsinstitute bieten Gewähr für aussagekräftige Ergebnisse.
Die namhaften, in der Schweiz tätigen Marktforschungsinstitute sind im Branchenverband Swiss Insights zusammengeschlossen (swiss-insights.ch). Sie halten sich an strenge Leitlinien zur Qualitätssicherung gemäss den vom Verband geführten Labels «Data Fairness» und «Market and Social Research».
Primäre Marktforschung (field research) erhebt neue, bisher nicht erfasste Daten. Diese beziehen sich auf konkrete Fragestellungen und klar definierte Zielgruppen und sollten möglichst aktuell sein. Sekundäre Marktforschung (desk research) greift auf bereits vorhandene Daten – zum Beispiel Ergebnisse aus Primärstudien – zurück. Für Entscheidungsfindungen bei der Entwicklung von Marketing- und Medienstrategien stehen Primärstudien klar im Vordergrund.
Die Stichprobe muss so definiert werden, dass sich die Studienergebnisse zuverlässig auf die Grundgesamtheit hochrechnen lassen. Je grösser die Stichprobe, desto kleiner das Risiko einer Fehleinschätzung. Doch ebenso wichtig wie die Grösse der Stichprobe ist, dass diese die Merkmale der Grundgesamtheit repräsentiert.
Studienresultate sind für Ihren Bedarf nur dann relevant, wenn die Studienteilnehmenden mit Ihrer Zielgruppe übereinstimmen. Abweichungen verwässern die Aussagekraft der Ergebnisse. Ein einfaches Beispiel: Wenn bei einer Studie zu einem bestimmten Thema Privatpersonen befragt wurden, lassen sich die Ergebnisse nicht eins zu eins auf Unternehmen übertragen.
Oft werden die den Studienteilnehmenden vorgelegten konkreten Fragen in den Studien nicht wortwörtlich wiedergegeben. Für die Aussagekraft der Resultate sind die Fragen jedoch enorm wichtig. Falsche oder unpräzise Fragestellungen führen zu Verzerrungen. Werden die Fragen nicht publiziert, ist es durchaus legitim, bei der Autorenschaft zu intervenieren.
Befragungen können mündlich im direkten Kontakt, telefonisch, schriftlich, per E-Mail oder online durchgeführt werden. Weitere Formate sind Beobachtung von Teilnehmergruppen im Rahmen von Workshops oder im Feld (POS) sowie Labor und Feldexperimente. Jede dieser Methoden hat Vor- und Nachteile. Viele Befragungen werden online durchgeführt, weil diese Methode kostengünstig ist und die Auswertung automatisiert werden kann. Demgegenüber bringt die mündliche Befragung, die sich eher für qualitative Forschung eignet, eine hohe Antwortquote, ist aber aufwendig und kostspielig.
Man neigt dazu, zuerst mal schnell das Summary zu lesen und es dabei bewenden zu lassen. Dies verleitet zu übereilten Schlussfolgerungen. Es empfiehlt sich, die Studienergebnisse stets im Zusammenhang mit der Studienmethode und dem Studiendesign zu interpretieren.
Studien sind in der Regel Momentaufnahmen. Da sich heute in kurzer Zeit vieles verändern kann, verdient der Zeitpunkt der Erhebung besondere Aufmerksamkeit. Unerwartete Ereignisse wie die Pandemie können vorher durchgeführte Studien obsolet machen.
Reine Zahlen geben Studienergebnisse unverfälscht wieder. Mit Vorsicht zu geniessen sind hingegen grafische Darstellungen wie beispielsweise Säulendiagramme oder Kurven. Bei solchen Darstellungen sind durch Überhöhungen oder Streckungen optische Verzerrungen möglich, die ein nicht zutreffendes Bild vermitteln.
Die Zuverlässigkeit einer Studie bestätigt sich, wenn Studien zu verwandten Themen ähnliche Ergebnisse ausweisen. Umgekehrt ist Skepsis am Platz, wenn sich Studienergebnisse scheinbar widersprechen. Zum Beispiel, wenn eine Studie bei den gedruckten Zeitungen einen Abwärtstrend ortet, während eine andere Studie aufzeigt, dass Printmedien gegenüber anderen Kanälen die höchst Reichweite aufweisen. In solchen Fällen ist eine vertiefte Betrachtung der Studien angezeigt.