«Content ist wichtig, Kontext noch wichtiger»

«Content ist wichtig, Kontext noch wichtiger» Roger Basler de Roca über die neue Ära der Onlinesuche

KI-generierte Antworten statt organische Suchergebnisse: Die Onlinesuche erfindet sich gerade neu. Wie gelingt es Unternehmen trotzdem, die Zielgruppe zu ihren Inhalten zu führen? Antworten von KI- und Digitalexperte Roger Basler de Roca.

Portrait Roger Basler de Roca
KI- und Digitalexperte Roger Basler de Roca rät Unternehmen, sich jetzt mit den verschiedenen Arten der Onlinesuche auseinanderzusetzen.

Herr Basler, googeln Sie noch?

Roger Basler de Roca: Nein, schon seit Längerem nicht mehr. Dank der raschen Entwicklung bei der KI suche ich mit Tools wie Perplexity oder You.com. Google hat bei mir also starke Konkurrenz bekommen, ist nun allerdings wieder interessanter geworden: durch die Search Generative Experience. Das sind die zuoberst auf den Suchergebnisseiten platzierten, KI-generierten Antworten.

Wie verändern die neuen Technologien die Suchgewohnheiten der User?

Viele Nutzerinnen und Nutzer werden in ihrer Ungeduld bestärkt, bei der Onlinesuche sofort Antworten zu bekommen, und hinterfragen diese nicht. Inzwischen erhalten sie auch bei Google schon auf der ersten Ergebnisseite eine mit KI verfasste Antwort. Die User machen daher keine Klicks mehr, um zu prüfen, woher die Information stammt. Sondern sie stellen eine Frage, bekommen eine Antwort, akzeptieren sie – und gut ist. Das entspricht dem aktuellen Zeitgeist.

Was bedeutet das für Unternehmen, die viel Content kreieren und damit weiterhin auffindbar sein wollen?

Sie müssen sich damit abfinden: Der bisher grosse Anteil von Usern, die über die organische Suche auf ihre Webseiten gekommen sind, wird mehr und mehr sinken. Google hat eine Studie publiziert, die belegt: Mit der Einführung der durch KI generierten Antworten haben sich viele Suchen zu Zero-Klick-Suchen entwickelt – die Nutzerinnen und Nutzer klicken nicht mehr weiter. Hier zeigt sich ein Rückgang von 50 Prozent und mehr.

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Wie gelingt es Unternehmen trotzdem, die Zielgruppe auf ihre Websites zu führen?

Einerseits sollten sie stärker auf Kanäle mit einer direkten Ansprache setzen, etwa auf E-Mails, Newsletter oder gedruckte Mailings. Damit schlagen sie dann die Brücke zu ihrem Content. Andererseits sollten sie lernen, ihre Inhalte für die neuen Technologien richtig aufzubereiten – Stichwort Large Language Model Optimization (LLMO). Dabei geht es neben einer übersichtlichen Inhaltsstruktur vor allem um Ladezeiten und eine schnelle Verfügbarkeit der Inhalte.

Es lohnt sich, bei der Optimierung verstärkt auf technische Faktoren zu setzen.

Roger Basler de Roca

Was bedeuten die neuen Suchmethoden für die gängigen SEO-Strategien?

Es lohnt sich, bei der Optimierung verstärkt auf technische Faktoren zu setzen. Das wurde lange Zeit vernachlässigt. Unternehmen haben stattdessen viel Content produziert und diesen vor allem inhaltlich optimiert. Doch nun werden technische Aspekte immer wichtiger.

Heisst das, dass diese neuen technischen Aufgaben die bisherige Suchmaschinenoptimierung ergänzen und nicht ersetzen?

Absolut. Denn man muss die Bedeutung der bewährten Suchmaschinen und der neuen Plattformen zueinander ins Verhältnis setzen. Nach wie vor bewegen sich pro Woche rund drei Milliarden Menschen weltweit auf Google. Verglichen damit machen die Suchvorgänge mit ChatGPT oder Perplexity nur einen Bruchteil aus. Jetzt auf SEO zu verzichten, wäre also fahrlässig. Richtig ist aber auch: Bei gewissen Zielgruppen nimmt die Suche mit KI-Tools stark zu. Deshalb sollten sich Unternehmen mit den verschiedenen Arten der Onlinesuche auseinandersetzen und alles dafür tun, um weiterhin gefunden zu werden.

Was braucht es dafür?

Erstens sollten die Marketingverantwortlichen ihre Mitarbeitenden für die neuen Aufgaben schulen und befähigen. Zweitens braucht es das Bewusstsein in den Unternehmen: Erfolgreiches Onlinemarketing erfordert genügend Mittel, um für alle wichtigen Suchtechnologien in die Optimierung zu investieren. Dabei gilt: Content ist wichtig, Kontext noch wichtiger und die technische Optimierung wird zur Pflicht. Um die knappen Ressourcen dennoch zu priorisieren, empfiehlt sich eine datenbasierte Analyse: Welche Zielgruppen wollen wir als Unternehmen primär erreichen und welche Präferenzen haben diese bei der Onlinesuche? Sind sie derzeit eher Team Google oder Team ChatGPT?

Vielen Marketern ist noch nicht bewusst, welche finanziellen Folgen die neuen Suchmethoden für das gesamte Onlinemarketing haben.

Roger Basler de Roca

Das Thema Onlinesuche ist ein wichtiger Aspekt im Marketing. Wirken sich die aktuellen Entwicklungen daher auch auf die gesamte Marketingstrategie von Unternehmen aus?

Definitiv, allein schon aus Budgetgründen. Vielen Marketern ist noch nicht bewusst, welche finanziellen Folgen die neuen Suchmethoden für das gesamte Onlinemarketing haben. Wenn ich als Unternehmen immer weniger Personen über die organische Suche auf meine Website und meine Angebote bringe, brauche ich Alternativen. Das verlängert und verteuert den Prozess, um in die Köpfe der Zielgruppe zu gelangen und sie zu überzeugen. Jede Kundeninteraktion, jeder Klick wird wertvoller und somit kostspieliger.

Woran zeigt sich das?

Unter anderem an den Preisen für Display Ads, die bereits gestiegen sind – sowohl die Kosten pro Tausend Sichtkontakte (CPM) als auch die Kosten pro Klick (CPC). Das liegt an der höheren Nachfrage nach Display-Werbung, weil Unternehmen als Alternative zur organischen Suche auf Display Ads setzen. Für Werbetreibende heisst das: Ihr Marketingbudget entwertet sich. Entweder erhalten sie für das gleiche Budget weniger Klicks und Conversions oder sie müssen einen grösseren Teil ihres Budgets für das Onlinemarketing ausgeben, um die bisherige Wirkung zu erzielen.

Die Marketingbudgets sind aber tendenziell am Sinken. Was empfehlen Sie also den Werbetreibenden?

Ich beobachte immer wieder, dass Unternehmen beim Onlinemarketing bildlich gesprochen mit Kanonen auf Spatzen schiessen: Sie hoffen, dass jedes noch so kleine Federchen, das sie erwischen, zu einer Interaktion führt. Je teurer Kontakte und Klicks nun werden, desto gravierender ist der Streuverlust dieser Strategie. Werbetreibende sollten stattdessen potenzielle Kundinnen und Kunden mit einem hohen Kundenwert ermitteln, sich auf diese fokussieren und sie auf den wirklich relevanten Kanälen entlang ihrer Kundenreise ansprechen. Ein weiterer Tipp: Wenn es schwieriger wird, über die Onlinesuche neue Kundschaft zu gewinnen, lohnt es sich mehr denn je, bei bestehenden Kundinnen und Kunden in die Beziehungspflege zu investieren.

Zur Person

Roger Basler de Roca ist Experte für künstliche Intelligenz, digitale Geschäftsmodelle und Onlinemarketing. Er berät und coacht Unternehmen, doziert an mehreren Instituten und Fachhochschulen und ist ein gefragter Keynote Speaker.

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