PR, Werbung und Content Marketing in Einklang bringen Im Gespräch mit Marketingdozentin Ursula Stalder
PR, Werbung und Content Marketing setzen jeweils ihre eigenen Akzente. Doch für Marketingexpertin Ursula Stalder steht fest: Nur im Zusammenspiel können sie die grösstmögliche Wirkung erzielen. Deshalb rät sie den Unternehmen zu einem engeren Zusammenrücken der jeweiligen Teams – und einer gezielteren Kooperation mit ihren Agenturen.
Lassen Sie uns zuerst die Begriffe klären: Wie kann Content Marketing gegenüber PR und Werbung abgegrenzt werden?
Ursula Stalder: Dazu ist es hilfreich, die Ursprünge zu betrachten. PR und Werbung sind etablierte Disziplinen der zielgerichteten Kommunikation. Content Marketing hingegen ist ein relativ neuer Ansatz. Dieser ist zwar im Corporate Publishing verwurzelt, hat aber erst mit dem Aufkommen von Web 2.0 und Social Media an Bedeutung gewonnen. Es handelt sich weniger um eine neue Disziplin als vielmehr um eine neue Methode zur Zielerreichung. PR und Content Marketing zielen beide darauf ab, Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Akzeptanz zu erzeugen. Und beide Ansätze sind beziehungsorientiert. Während PR aber oft ereignisbezogen ist, setzt Content Marketing auf Kontinuität und wird konstant über das ganze Jahr hinweg betrieben.
Und wo sehen Sie die wichtigsten Unterschiede zwischen Content Marketing und Werbung?
Bei Content Marketing geht es nicht direkt darum, Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben. Vielmehr soll es durch nützliche Informationen einen Mehrwert und Vertrauen schaffen. Werbung hingegen ist meist kurzfristiger und direkter ausgerichtet. Sie zielt darauf ab, Aufmerksamkeit zu generieren und oft auch unmittelbare Reaktionen wie Käufe oder Anfragen auszulösen.
Wie können PR, Werbung und Content Marketing voneinander profitieren?
Unternehmen sollten diese Ansätze unbedingt als zusammengehörig betrachten. Sonst rechnet sich der ganze Aufwand nicht. Ich empfehle allen Teams, die Content Marketing, PR und Werbung betreiben, eine ganzheitliche Strategie zu erarbeiten. Auch wenn sie alle ihre Partikularinteressen haben, profitiert jedes einzelne Fachteam von diesem gemeinsamen Fundament.
Wie gelingt es am besten, die Kräfte zu bündeln?
In der Theorie gibt es dafür verschiedene Methoden und Vorgehensweisen. Dazu gehören beispielsweise Content-Context-Maps und Themenhäuser, die die Content-Strategien ergänzen. Eine Content-Context-Map ist ein visuelles Werkzeug. Es hilft dabei, den Zusammenhang zwischen verschiedenen Inhalten auf unterschiedlichen Kanälen darzustellen. Ein Themenhaus dient dem strategischen Themenmanagement und der strukturierten Darstellung aller Themen und Botschaften, die für die zielgerichtete Kommunikation relevant sind. Zudem können Unternehmen die Zusammenarbeit natürlich durch eine gelebte Teamkultur verbessern. Ein bewährtes Modell ist der Newsroom, in dem die Verantwortlichen für verschiedene Themen und Kommunikationskanäle regelmässig zusammenkommen, um sich abzustimmen. Als Organisationsmodell ermöglicht er es den Teams, gemeinsam und kleinteilig Ideen zu entwickeln und zu planen. So können alle ihre spezifische Expertise in die Umsetzung einbringen.
In welche Richtung entwickelt sich die Zusammenarbeit von Unternehmen und Agenturen?
Zunehmend in Richtung langfristiger Partnerschaften. Dies ermöglicht den Aufbau eines gegenseitigen Verständnisses, das in der heutigen komplexen Kommunikationslandschaft immer wichtiger wird. Ein weiterer Trend: Viele Unternehmen arbeiten gleich mit mehreren Agenturen zusammen. Die eine ist zum Beispiel auf die reichweitenstarke Ausspielung von Inhalten spezialisiert, die andere auf Redaktionsplanung und Content-Erstellung.
Gibt es Aufgaben, für die Agenturen prädestiniert sind? Oder soll die Agentur vor allem die Kompetenzen ausgleichen, die dem Unternehmen fehlen?
In der heutigen Omni-Channel-Welt, die voller spezialisierter Fachpersonen ist, braucht es wieder mehr Generalistinnen und Generalisten mit der Fähigkeit, Koordination und Zusammenarbeit zwischen den Teams und Disziplinen zu fördern. Die Forschung zeigt: Diese Abstimmungskompetenz sollte in den Unternehmen angesiedelt sein, weil damit auch Fragen von Nachhaltigkeit, Governance und Compliance verbunden sind. Agenturen hingegen können Aufgaben übernehmen, die eine spezifische fachliche Expertise erfordern. Die Zusammenarbeit mit einer Agentur lässt sich so gestalten, dass Unternehmen dadurch dieses fachspezifische Know-how intern aufbauen können.
Heute ist eine proaktive Pflege der Kundenbeziehungen wichtiger denn je. Und da leistet Content Marketing einen wichtigen Beitrag.
Ursula Stalder
Neben PR und Werbung auch noch auf Content Marketing zu setzen, erfordert von Unternehmen einen hohen Ressourcenaufwand. Lohnt es sich trotzdem?
Ja. Heute ist eine proaktive Pflege der Kundenbeziehungen wichtiger denn je. Und da leistet Content Marketing einen wertvollen Beitrag. Auch weil die Konsumierenden wegen der Fragmentierung der Medienlandschaft viel breiter verteilt sind, kommen Unternehmen nicht mehr um Content Marketing herum. Ob dies zwangsläufig zu einem erhöhten Bedarf an Ressourcen führt, ist eine andere Frage. Oft reicht es aus, die Budgets etwas umzuschichten. Deshalb sollten Unternehmen Kennzahlen definieren und den Impact ihrer Massnahmen messen. So sehen sie, wo sie bereits erfolgreich unterwegs sind und noch effizienter werden können – und wo zusätzliche Mittel erforderlich sind. Das machen viele Unternehmen noch nicht konsequent. Im Endeffekt vernachlässigen sie dadurch die Pflege der Kundenbeziehungen.
Wie erklären Sie sich das?
Es liegt wohl daran, dass viele Unternehmen den Fokus auf Effizienz und Regelmässigkeit legen, aber weniger auf die Wirkung ihrer Kommunikation. Doch gerade im Zeitalter von datenbasiertem Dialog und KI bieten sich neue Chancen, die Kundenbeziehungen wirkungsvoll zu pflegen und zu stärken.
Ursula Stalder arbeitet als Dozentin und Senior Researcher am Institut für Kommunikation und Marketing der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Zudem ist sie Geschäftsführerin der Digitalagentur Achtgrad. Und sie gehört der Jury von «Best of Content Marketing» des Content Marketing Forums an.