3 × 3 Antworten zur visuellen Kommunikation Nachgefragt bei drei Designprofis
Auch die visuelle Kommunikation unterliegt Trends und Moden. Die Meinungen darüber, was als «gutes» Design gilt, ändern sich – und genauso die Regeln für die einzelnen Darstellungsformen. Da ist es umso wichtiger, die aktuellen Entwicklungen zu kennen. Drei Designprofis geben Insights.
Welche Trends beobachten Sie bei der visuellen Kommunikation, speziell im Dialogmarketing?
Irini Gleglakou: Die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen ist kleiner geworden. Als visuelle Formate im Onlinebereich dominieren daher immer stärker Animationen, bewegte Grafiken und Videos. Unternehmen setzen dabei auf Real-Life-Szenarien. Dies prägt auch die visuelle Kommunikation auf anderen Kanälen: Echtheit und Realismus zählen mehr als Perfektion. Das zeigt sich etwa daran, dass Produkte nicht mehr in perfekten Settings, sondern in Alltagssituationen präsentiert werden. Die visuelle Sprache ist dabei bewusst simpel gehalten: begrenzte Farbpaletten, «cleane» Typographien, einfache Layouts – Marken fokussieren sich auf das Wesentliche.
Dieter Röösli: Ich beobachte, dass das Corporate Design heute freier interpretiert wird. Marketingteams lösen sich von starren Vorgaben. Sie nutzen den gestalterischen Spielraum, um in der reizüberfluteten Welt mehr Aufmerksamkeit zu erlangen. Gleichzeitig werden erzählerische Aspekte in der visuellen Kommunikation wichtiger. Dieses Storytelling lässt sich auch im Dialogmarketing umsetzen. Bedingung dafür sind eine stimmige kreative Idee und passende Bilder. Ein weiterer Trend: Das Thema Nachhaltigkeit rückt in den Fokus. Unternehmen legen Wert darauf, ihre Nachhaltigkeitsziele und ihre Fortschritte sichtbar zu machen. Besonders bei gedruckten Werbemedien werden solche Informationen oft prominent im Layout platziert.
Martina Perrin: Weil sich immer mehr Leute mit visueller Kommunikation beschäftigen und immer bessere Hilfsmittel nutzen, ist das Niveau grafischer Umsetzungen gestiegen. Zugleich sind diese Designs generischer geworden. Hier beobachte ich nun einen Gegentrend: Statt Professionalität und Makellosigkeit zählen Echtheit und Glaubwürdigkeit. Was sich bei Bildern schon seit Längerem zeigt, hält auch in der visuellen Sprache als Ganzes Einzug. Von Werbetreibenden und ihren Agenturen erfordert das den Mut zu Designs, die Menschliches, Persönliches zeigen.
Was macht für Sie gute visuelle Kommunikation im Dialogmarketing aus?
Irini Gleglakou: Mir sind zwei Punkte besonders wichtig: Erstens ist gute visuelle Kommunikation zugänglich. Das bedeutet zum Beispiel, auf Menschen mit Farbenblindheit Rücksicht zu nehmen, klar unterscheidbare Farben und gute Kontraste zu wählen. Auch die Lesbarkeit durch die richtigen Schriften in der richtigen Grösse zählt zur Zugänglichkeit. Zweitens muss die Markenidentität über alle Medien – digitale und gedruckte – konsistent sein und immer die gleiche Aussage dazu machen, wofür die Marke steht. Heute entwickeln wir eine visuelle Sprache oft zuerst für die Onlinewelt. Dann adaptieren wir die Designelemente wie Typografie und Farbpalette auf die Offlinekanäle, damit die Marke auch dort sofort zu erkennen ist.
Dieter Röösli: Sie hat eine einheitliche visuelle Identität: Auf allen bespielten Kanälen muss sofort erkennbar sein, wer der Absender ist. Grundlage dafür ist eine starke Storyline, die crossmedial funktioniert – sich auf die einzelnen Kanäle und Zielgruppen adaptieren lässt. Neben Bildern schaffen auch Illustrationen und die Typografie den erwünschten Wiedererkennungseffekt. Bei gedruckten Mailings ermöglicht die Personalisierung eine besonders zielgerichtete visuelle Kommunikation. Denn dank Digitaldruck und Programmatic Printing lassen sich nicht nur Inhalte, sondern auch Layouts auf die Präferenzen einzelner Kundengruppen abstimmen. Je mehr Daten die Werbetreibenden von den Zielpersonen haben, desto mehr grafische Elemente von Mailings können sie spezifisch gestalten.
Martina Perrin: Will eine Gruppe von Menschen einer Gruppe auf der Empfängerseite etwas mitteilen, hilft ihnen die visuelle Kommunikation: Sie übersetzt die Botschaften. Diese Übersetzung gelingt am besten, wenn die Designerinnen und Designer die Auftraggeberin, die Botschaft und die Adressierten kennen – wenn sie verstehen, was das Unternehmen sagen möchte und welcher Tonfall angebracht ist. Designerinnen und Designer sind bei dieser visuellen Übersetzungsarbeit das Sprachrohr ihrer Kundschaft.
Welche visuellen Darstellungsformen setzen Sie häufig ein, um Botschaften bei der Zielgruppe zu verankern?
Irini Gleglakou: Ich arbeite oft mit Farbcodes und Icons. Im Onlinebereich helfen zudem Mikroanimationen wie pulsierende Buttons oder 3-D-Effekte, den Blick auf die Botschaften zu lenken. Bei Printprodukten sind solche Animationen zwar nicht möglich. Dafür verstärken haptische Effekte die Wirkung. Vor allem aber werden Botschaften besser wahrgenommen, wenn die visuelle Komposition eine gute Hierarchie hat: Titel, Untertitel, Texte, Bilder und weitere Elemente sind so gestaltet und platziert, dass sich die Zielgruppe leicht durch das Layout navigieren kann und zu den Botschaften geführt wird.
Dieter Röösli: Ein zentrales Stilmittel ist für mich die Fotografie. Die gewählten Bilder sollten so speziell sein, dass sie im Gedächtnis bleiben. Hier ist Mut gefragt. Neben auffälligen Sujets zählt auch die passende Bildsprache: Soll sie opulent sein, um Emotionen zu wecken? Oder eher reduziert, um Informationen zu visualisieren? Zusätzlich arbeite ich gerne mit Illustrationen. Besonders bei komplexen Inhalten helfen sie, Botschaften greifbarer zu machen. Plakative Bilder und Illustrationen sind auch wegen der kleinen Aufmerksamkeitsspanne der Menschen wichtig. Die Marketingteams überschätzen diese oft und platzieren zum Beispiel auf Mailings zu viel Text. Sie sollten sich immer wieder fragen: Wie viel Text ist wirklich nötig, um unsere Botschaften rüberzubringen?
Martina Perrin: Sicher, als Designerin liegen mir gewisse visuelle Darstellungsformen besser als andere. Doch wichtiger als meine eigene Komfortzone und meine Gewohnheiten ist die Botschaft der Auftraggeberinnen und Auftraggeber sowie das Erreichen der Adressierten. Bei jedem Projekt möchte ich aus der ganzen Palette von Darstellungsformen die passenden auswählen. Je mehr Möglichkeiten ich habe, desto präziser kann ich die visuelle Kommunikation auf ihren Zweck abstimmen.