Visuelle Kommunikation, die ins Auge sticht

Visuelle Kommunikation, die ins Auge sticht Tipps für eine wirkungsvolle Gestaltung über alle Kanäle hinweg

Auf den ersten Blick Aufmerksamkeit erregen, Interesse wecken und zum Handeln motivieren: Ob das mit Ihrer Werbung gelingt, darüber entscheidet die visuelle Kommunikation. Erfahren Sie, wie Sie physische Mailings und crossmediale Kampagnen wirkungsvoll gestalten – und welche Fehler Sie bei der visuellen Kommunikation vermeiden sollten.

Kampagnenbild von Brava
Eine konsistente visuelle Kommunikation über alle Kanäle hinweg stärkt die Markenidentität und sorgt für Wiedererkennbarkeit.

Um auf die alltägliche Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen, nutzt die NPO Brava (ehemals TERRE DES FEMMES Schweiz) auf ihrer Website ein eindringliches visuelles Konzept: Im Mittelpunkt stehen ausdrucksstarke Schwarz-Weiss-Porträts von Frauen. Die Fotografien sind mit roten, aggressiv wirkenden Kritzeleien überzogen, die bewusst an bestimmten Stellen der Gesichter platziert sind: über einem Auge, auf der Wange oder sogar als Schnittlinie über dem Hals. Jede dieser Markierungen symbolisiert die Wunden und Narben, die physische und psychische Gewalt an Frauen hinterlässt.

Mit dieser visuellen Metapher schafft Brava einen unmittelbaren, schockierenden Bezug zur Realität vieler Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Das leuchtend rote Gekritzel steht in starkem Kontrast zu den ansonsten monochromen Bildern und lenkt den Blick der Betrachtenden unweigerlich auf die Verletzungen. Der gezielte Einsatz von Farbe und Form erzeugt nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Emotionen.

Was ist visuelle Kommunikation?

Das Beispiel zeigt, wie kraftvoll visuelle Kommunikation sein kann, wenn sie geschickt eingesetzt wird. Und es verdeutlicht, was visuelle Kommunikation im Kern ist: eine wirkungsvolle Form der Kommunikation, die Botschaften in eine konsistente optische Sprache übersetzt und Inhalte bildhaft vermittelt. Dazu werden unter anderem Bilder, Grafiken, Icons, Farben, Formen und Schriften genutzt. Diese visuellen Elemente werden miteinander kombiniert, gut aufeinander abgestimmt und durch Text ergänzt – im Fall von Brava zum Beispiel durch den Claim «Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen».

«Visuelle Kommunikation ist allerdings weit mehr als nur die blosse Umsetzung», sagt Jeannine Herrmann, Leiterin des Studiengangs Visuelle Gestaltung HF an der F+F Schule für Kunst und Design. «Sie umfasst auch die Entwicklung eines durchdachten visuellen Konzepts für die Zielgruppe und die strategische Planung der medienspezifischen Gestaltung.»

Ziele der visuellen Kommunikation

«Die visuelle Kommunikation hat mehrere Ziele: In erster Linie geht es darum, eine Botschaft zu transportieren», erklärt Jonas Vögeli, Head of Bachelor Visual Communication an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK). «Visuelle Kommunikation soll aber auch Aufmerksamkeit erregen, Emotionen wecken, eine Beziehung etablieren, komplexe Informationen zugänglich machen und die Zielgruppe zum Handeln bewegen.»

Speziell in Marketing und Werbung kommen weitere Ziele hinzu. Vor allem prägt ein einzigartiger visueller Stil die Markenidentität: Die Marke ist dadurch leicht wiederzuerkennen, schafft Vertrauen und differenziert sich gegenüber der Konkurrenz. Schliesslich hat die visuelle Kommunikation auch das Ziel, eine positive Nutzererfahrung zu schaffen.

Trends in der visuellen Kommunikation

Warum ist die visuelle Kommunikation so wichtig?

In Marketing und Werbung ist eine professionelle visuelle Kommunikation gleich aus mehreren Gründen wichtig:

Schnelle Informationsverarbeitung

Menschen verarbeiten visuelle Reize schneller als Text. Das gilt neben Bildern auch für Piktogramme, Symbole, Abbildungen von Prozessen und andere visuelle Elemente. Der neurologische Effekt dahinter wird als Gestaltwahrnehmung bezeichnet. Diese ermöglicht es dem Menschen, in visuellen Reizen rasch Muster, Strukturen und zusammengehörige Gruppen zu erkennen.

Emotionale Wirkung

Bilder haben eine besonders starke Wirkung auf die Emotionen von Menschen. So wie negative Bilder Angst und sogar Schmerz auslösen können, triggern positive Bilder gute Gefühle. Auch Farben haben starke psychologische Wirkungen, die Werbetreibende nutzen können, um gezielt bestimmte Stimmungen und Reaktionen hervorzurufen.

Cornelia Krebs, General Manager Emotion Engine beim Institut september Strategie & Forschung, betont allerdings, dass sich nicht alles über einen Kamm scheren lässt: «Wer mit Bildern, Farben – oder überhaupt mit der visuellen Sprache – bei der Zielgruppe durchdringen will, muss menschenzentriert arbeiten. Das heisst: Die Konsumierenden müssen mit ihren Erwartungen, Vorlieben und Bedürfnissen im Zentrum stehen, wenn Marketingteams Bilder auswählen und eine visuelle Sprache entwickeln. Nur so können Unternehmen auf die richtigen emotionalen Trigger setzen.»

Verankerung im Gedächtnis

Menschen erinnern sich an visuell dargebotene Informationen besser als an textbasierte Inhalte. Dieses Phänomen wird auch als «Picture Superiority Effect» bezeichnet. Der Effekt ist im Dialogmarketing besonders wichtig. Denn hier geht es darum, Botschaften nachhaltig zu verankern.

Bessere Verständlichkeit

Durch den Einsatz von Infografiken, Diagrammen und anderen visuellen Hilfsmitteln können komplexe Informationen und Zusammenhänge einfacher und verständlich dargestellt werden. Dies erhöht das Verständnis und erleichtert die Entscheidungsfindung.

Steigerung des Engagements

Visuelle Inhalte führen zu einem höheren Engagement. Beiträge mit Bildern, Grafiken, Videos etc. werden häufiger geteilt, gelikt und kommentiert als reine Textbeiträge.

Häufige Elemente der visuellen Kommunikation

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Wie visuelle Elemente ihre Kraft entfalten

In der visuellen Kommunikation sind zwei Aspekte entscheidend für eine starke Wirkung: Die visuellen Elemente müssen erstens sorgfältig ausgewählt und zweitens gut miteinander kombiniert werden, um eine harmonische Gesamtbotschaft zu erzeugen. Anschliessend geht es darum, das gewählte Design auf die einzelnen Kanäle zu adaptieren: «Es wäre ein Fehler, auf allen Kanälen auf die gleiche Art und Weise zu kommunizieren», erklärt Jonas Vögeli. Das sieht auch Jeannine Herrmann so: «Jeder Kanal hat seine Eigenheiten – und diese gilt es bei der Gestaltung der Werbemittel zu berücksichtigen. Nur so erzielt die crossmediale Kommunikation die gewünschte Wirkung.»

Die beiden Gestaltungsprofis sind sich ebenfalls darin einig, dass in der visuellen Kommunikation weniger oft mehr ist: «Es muss immer das Ziel sein, die wesentlichen Inhalte unmissverständlich zu vermitteln. Dafür braucht es Mut zur Klarheit und eine Besinnung auf die Essenz», ist Jeannine Herrmann überzeugt.

Emotionale Wirkung von Designs messen

Ob die visuelle Kommunikation letztlich ihre Kraft entfaltet, lässt sich messen. Das Institut september hat mit seiner Emotion Engine ein Tool dafür entwickelt: «Wir messen und analysieren die emotionale Wirkung von Kommunikation und leiten daraus Empfehlungen für die Optimierung der Werbemittel im crossmedialen Mix ab. Das Besondere unseres Ansatzes: Wir stützen uns dabei auf zwanzig Biosignale von Konsumentinnen und Konsumenten, darunter Herzschlag, Hautwiderstand und unsichtbare Gesichtsmuskel-Aktivitäten. Diese geben Aufschluss darüber, wie Werbung tatsächlich wirkt», erklärt Cornelia Krebs.

Für eine emotional wirksame visuelle Kommunikation spielt laut Cornelia Krebs vor allem die Wahl des Werbesujets und der emotionalen Trigger eine zentrale Rolle – insbesondere Bilder, Farben und die Hauptbotschaft: «Angenommen, eine Stiftung will Männer für Kinderpatenschaften gewinnen: Das Marketing muss sich überlegen, welche Sujets und Botschaften die Zielgruppe am stärksten emotionalisieren. Das Narrativ könnte darin bestehen, das Thema Kinderträume aufzugreifen, um das innere Kind der Zielgruppe zu wecken. Doch in diesem Fall ist das Heldennarrativ wahrscheinlich wirkungsvoller, denn es vermittelt: ‹Ich kann der Held sein und Kinder glücklich machen›. Die richtigen emotionalen Trigger zu finden, ist also ein entscheidender Schritt, bevor es an die kreative visuelle Umsetzung geht.»

Häufige Fehler in der visuellen Kommunikation
  • Inkonsistentes Branding: Unternehmen verwenden für verschiedene Kommunikationsmassnahmen unterschiedliche Farben, Schriftarten und Designelemente, was Wiedererkennbarkeit und Markenkohärenz schwächt.
  • Überladenes Design: Zu viele Elemente, Texte und Farben können die Betrachtenden überfordern, sodass sie die Hauptbotschaft nicht erkennen. In der visuellen Kommunikation gilt also der Leitsatz «Weniger ist mehr».
  • Mangel an Hierarchie: Die visuelle Hierarchie ist unklar, wenn zentrale Informationen zu wenig deutlich hervorgehoben sind und umgekehrt nebensächliche oder rein illustrative Inhalte zu viel Gewicht erhalten. Auch in diesem Fall droht die Hauptbotschaft übersehen zu werden.
  • Falscher Umgang mit Firmenfarben: Dies verwässert die Markenidentität und beeinträchtigt die Wiedererkennbarkeit. Der falsche Umgang mit Firmenfarben passiert etwa, wenn verschiedene interne Abteilungen oder externe Partner nicht die korrekten Farbwerte verwenden.
  • Mangel an emotionalem Bezug: Visuelle Kommunikation, die keine emotionale Verbindung zum Publikum herstellt, bleibt oft wirkungslos. Insbesondere die Auswahl und die Komposition von Farben, Formen und Bildern spielen hier eine zentrale Rolle.
  • Übermässige Animationen und Effekte: Zu viele bewegte Elemente lenken ab und beeinflussen die User Experience negativ – nicht zuletzt, weil sie es der Zielgruppe erschweren, die Hauptbotschaft zu erfassen.
  • Schlechte Bildqualität: Vor allem Unternehmen mit kleinerem Werbebudget machen oft den Fehler, nicht in professionelles Bildmaterial zu investieren. Doch selbstgemachte Bilder wirken rasch unprofessionell und können das Image des Unternehmens schädigen.
  • Generische Bilder: Der Einsatz generischer Stockbilder lässt das Design austauschbar wirken und beeinträchtigt die Authentizität der Marke.
  • Unklare Handlungsaufforderungen: Wenn Calls to Action nicht deutlich sichtbar und verständlich sind, bleibt die gewünschte Handlung der Zielgruppe aus.
  • Unpassende Schriftarten: Schwer lesbare Schriften führen dazu, dass Botschaften nicht schnell genug erfasst werden.

Wie lässt sich die visuelle Wirkung von Mailings steigern?

Im Dialogmarketing spielt die visuelle Kommunikation eine entscheidende Rolle: Sie sorgt zum Beispiel dafür, dass ein Mailing geöffnet und gelesen wird, hebt den Call to Action klar hervor und löst bei der Zielgruppe eine Handlung aus. Wie dies am besten gelingt? Das sind die wichtigsten Tipps:

Emotionale und rationale Ansprache

«Das physische Mailing hat gegenüber den digitalen Kanälen bereits den Vorteil der Haptik. Doch das allein reicht nicht, um Emotionen zu wecken», erklärt Rémy Sahuc, Major Account Executive Werbemarkt/Retail bei Post Advertising. «Bilder, Farben und Botschaften müssen so gewählt werden, dass sie bei den Zielpersonen bestimmte Emotionen auslösen. Idealerweise sind diese Elemente deshalb so weit wie möglich personalisiert.»

Um die Zielgruppe mit einem Mailing zusätzlich auf rationaler Ebene zum schnellen Handeln zu motivieren, gibt es zwei bewährte Wege: Entweder wird das Gefühl von Dringlichkeit ausgelöst oder der unmittelbare Nutzen der raschen Handlung hervorgehoben – allenfalls in Form eines speziellen Benefits (Gewinnchance, Rabatt, Probeabo).

Klarheit und Einfachheit

Beim Dialogmarketing zählt die klare und einfache Darstellung der Botschaften. Die Zielgruppe muss sofort verstehen, was von ihr erwartet wird und wovon sie profitiert: «Insbesondere der Call to Action muss gut gestaltet und prominent platziert sein, damit er auf den ersten Blick ins Auge fällt», sagt Rémy Sahuc. «Viele Unternehmen machen den Fehler, ihre Mailings zu überladen, die Vorteile des Angebots optisch zu wenig hervorzuheben und den Call to Action suboptimal zu platzieren. Solche Mailings bleiben oft wirkungslos.»

Optimierung durch Testing und Monitoring

Wer im Dialogmarketing auf A/B-Testing setzt, findet heraus, welche visuellen Elemente und welche Kombinationen die stärksten Reaktionen hervorrufen. So lässt sich die Gestaltung kontinuierlich optimieren – und folglich die Wirkung. «Gerade im Dialogmarketing sind QR-Codes seit einigen Jahren ein bewährtes Element, um Handlungen auszulösen und eine Print-to-Web- oder eine Print-to-App-Verbindung herzustellen», so Rémy Sahuc. «Die Werbetreibenden sollten ihre QR-Codes unbedingt tracken und analysieren, wann, wo und wie sie gescannt werden. So lässt sich ermitteln, welche Werbemittel gut funktionieren und welche weniger.»

Mailings mithilfe von Eyetracking und KI optimieren

Um die grafische Gestaltung von Mailings zu optimieren, können Unternehmen auf Eyetracking zurückgreifen. Denn wenn Konsumierende ein Mailing lesen, richten sie ihre Augen bevorzugt auf Elemente, von denen die stärksten visuellen Reize ausgehen.

Mit einer Augenkamera lassen sich diese Blickbewegungen aufzeichnen. Die Resultate zeigen, wohin der Blick der Betrachtenden zuerst fällt, wie lange sie an welchen Stellen verweilen und welche Wege der Blickverlauf nimmt. Diese Daten ermöglichen es, ein Mailing so zu gestalten, dass die wichtigsten Informationen und der Call to Action maximale Aufmerksamkeit erhalten.

Eine neue und vielversprechende Methode kombiniert die Vorteile von Eyetracking und Künstlicher Intelligenz: «In Zusammenarbeit mit der Digitalagentur Attackera bieten wir unserer Kundschaft die Möglichkeit, ihre Mailings durch eine KI namens Neurons analysieren zu lassen», erklärt Rémy Sahuc von Post Advertising. «Diese Technologie verwendet Daten aus Tausenden von Eyetracking-Analysen, um mit einer Genauigkeit von 95 Prozent die Augenbewegungen der User vorherzusagen. Anhand von vier Metriken wird die Mailinggestaltung bewertet – und daraus werden schliesslich Handlungsempfehlungen abgeleitet.»

Jonas Vögeli

ist Head of Bachelor Visual Communication an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK).

Portrait Jonas Vögeli

Jeannine Herrmann

ist Leiterin des Studiengangs Visuelle Gestaltung HF an der F+F Schule für Kunst und Design. (Bild: Zoe Tempest)

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Cornelia Krebs

ist General Manager Emotion Engine beim Institut september Strategie & Forschung.

Portrait Cornelia Krebs

Rémy Sahuc

ist Major Account Executive Werbemarkt/Retail bei Post Advertising.

Portrait Rémy Sahuc

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