Synektik – mit Analogien zu neuen Ideen

Synektik – mit Analogien zu neuen Ideen Die Analogietechnik kurz vorgestellt

Bei der «Visuellen Synektik» überträgt das Kreativteam zufällige visuelle Reize auf die Aufgabenstellung, wodurch sich ihr Blickwinkel verändert und der kreative Prozess gefördert wird. Der Ursprung dieser Technik ist die «Synektik», eine Analogietechnik, die 1944 vom Amerikaner William Gordon auf Basis intensiver Studien über Denk- und Problemlösungsprozesse entwickelt wurde. Beide Methoden eignen sich, um mit Analogien neue Ideen für Produkte, Kampagnen oder Verpackungen zu finden.

Drei Leute schauen sich einen Gebäude-Plan an

Für die beiden Kreativitätsmethoden «Visuelle Synektik» und «Synektik» arbeiten Sie idealerweise mit 3 bis 8 Teilnehmern. Befolgen Sie dabei wie bei allen Kreativitätstechniken die Grundsätze für kreative Teamarbeit. Ein möglichst erfahrener Moderator führt das Team in die Technik ein, denn die Synektik verlangt der Gruppe einiges an Flexibilität ab.

Die Visuelle Synektik – so gehen Sie vor

1. Schritt: Formulieren Sie Ihr Ziel schriftlich

Notieren Sie Ihr Ziel so, dass es für das ganze Team gut sichtbar ist.

2. Schritt: Lassen Sie Ihr Team aus einer Auswahl von Bildern drei auswählen

Die Bildinhalte brauchen thematisch nicht aufeinander abgestimmt zu sein oder sich auf das Briefing zu beziehen. Wählen Sie Bilder, die die Teilnehmenden stark emotionalisieren, die ihre Fantasie anregen, schockieren, provozieren oder Heiterkeit auslösen.

3. Schritt: Erstellen Sie eine Liste mit 30 bis 40 Begriffen

Legen Sie die ausgewählten Bilder den Teilnehmenden nacheinander vor. Jede Person beschreibt, was sie an diesem Bild besonders anspricht oder berührt. Auch Assoziationen, Gefühle und Fantasien sollen frei genannt werden. Der Moderator notiert alle Begriffe und Aussagen kommentarlos. Die Wortliste sieht beispielsweise so aus: Beschleunigung, schnelle Integration, blaues Chaos, verstecken, Wärme usw.

4. Schritt: Stellen Sie die Begriffe in Beziehung zu Ihrem Ziel

Wählen Sie nun einen Begriff aus Ihrer Liste aus. Welche Ideen löst der Begriff bei den Teilnehmenden aus? Was fällt ihnen spontan dazu ein? Wichtig ist, dass sie nicht am Wort selbst klebenbleiben, sondern dass alle den Assoziationen freien Lauf lassen. Erst dann tauchen Einfälle auf, die gute Rohideen für Ihre Aufgabenstellung liefern. Wenn der Ideenfluss versiegt, wählen Sie den nächsten Begriff aus der Liste und nutzen ihn als neue Ideenquelle.

Quelle: «Kribbeln im Kopf» von Mario Pricken, Verlag Hermann Schmidt Mainz, 2007

Die Synektik

Auch bei der Synektik entfernen sich die Teilnehmenden bewusst vom eigentlichen Problem. Es geht darum, Wissen aus völlig anderen Sachbereichen mit dem Ausgangsproblem zu verknüpfen (Fallschirm – Pusteblume) und daraus kreative Lösungsmöglichkeiten abzuleiten. Die nachfolgende Liste zeigt die Ablaufschritte der Synektik. Die einzelnen Phasen orientieren sich am Verlauf eines ungeordneten kreativen Prozesses.

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Ablauf der Methode «Synektik»

Phase 1: Problem analysieren

Das Problem wird untersucht, Fragen der Gruppe werden geklärt.

Beispiel: Scheinwerfer verschmutzen während der Fahrt

Phase 2: Spontane Lösungen finden

Alle Lösungen werden gut sichtbar dokumentiert.

Beispiel: Scheibenwischer für die Scheinwerfer

Phase 3: Das Problem neu formulieren

Die Gruppe beschreibt das Problem gemeinsam neu.

Beispiel: Wie kann die Verschmutzung der Scheinwerfer verhindert werden?

Die Phase der ausgiebigen Beschäftigung mit dem Problem ist jetzt abgeschlossen. Nun entfremden Sie sich vom Problem und abstrahieren.

Phase 4: Direkte Analogie finden

Aus einem vorgegebenen Themenbereich entwickelt die Gruppe erste direkte Analogien, bei einem technischen Problem häufig aus dem sozialen Bereich oder der Natur. Alle Gruppenmitglieder sollten mit dem Themengebiet vertraut sein.

Beispiel: Wo in der Natur erfolgt eine ständige Entfernung von Oberflächenbelag?

Antworten: Regen, Wind, Flüsse.

Phase 5: Persönliche Analogie finden

Die Gruppe wählt ein direktes Gleichnis aus, identifiziert sich damit und entwickelt eine persönliche Analogie.

Beispiel: Wie fühlst du dich als Wind? Du bist frei, du stürmst und reisst weg, du umschlingst Grashalme, stösst gegen Berge und pfeifst um die Häuser, du jaulst, braust, schmeichelst.

Phase 6: Symbolische Analogie finden

Eine persönliche Analogie wird von der Gruppe ausgewählt und auf ungewöhnliche, paradoxe oder symbolische Analogie eingehend geprüft, ähnlich der Suche nach einem Buchtitel.

Beispiel: umschlingen – begrenzte Freiheit, haltlose Festigkeit (als Paradoxon), Fessel (als Symbol), sanfter Zwang

Phase 7: Zweite direkte Analogie finden

Die Gruppe sucht jetzt wieder direkte Analogien aus dem Themengebiet, aus dem die Aufgabe stammt, hier also aus dem Bereich der Technik.

Beispiel: Wo in der Technik gibt es sanften Zwang? Segelflugzeug, Rasierklinge, Bremse

Nachdem Sie sich mit diesen Schritten vollständig vom Problem entfernt haben, entwickeln Sie nun Assoziationen und neue Denkmuster.

Phase 8: Die direkte Analogie analysieren

Merkmale und Funktionsprinzipien einer ausgewählten Analogie aus dem 7. Schritt werden von der Gruppe aufgelistet und analysiert.

Beispiel: Segelflugzeug nutzt den Wind aus, Tragflächen und Steuerruder lenken mittels Wind und halten das Flugzeug in der Luft.

Phase 9: Auf das Problem übertragen

Jetzt gilt es, einen Zusammenhang zwischen den Analogien und Ihrem Problem zu finden – der wichtigste Schritt.

Beispiel: Was hat das Segelflugzeug mit den Scheinwerfern zu tun? Die Form des Scheinwerfers könnte den Wind nutzen, um die Oberfläche zu säubern oder nicht erst zu verschmutzen.

Phase 10: Die Lösungsansätze formulieren

Aus den entwickelten Ideen werden die Lösungsansätze formuliert und weiter ausgearbeitet.

Beispiel: Ein Scheinwerfer mit konischer Oberfläche, um dem Schmutz keine Angriffsfläche zu bieten. Oder ein Scheinwerfer, der durch den Fahrtwind ein Luftpolster auf der Oberfläche erzeugt, so dass keine Schmutzpartikel anhaften können.

Chancen und Gefahren der Synektik

Die Synektik stellt höhere Anforderungen an das Team als andere Kreativitätsmethoden, denn der Verfahrensablauf ist durch die vielen Schritte komplizierter. Zudem muss das heuristische Prinzip der Strukturübertragung bzw. -kombination geübt werden, bis es effizient beherrscht wird. Und vor allem in der Phase, in welcher persönliche Analogien gebildet werden, gilt es, Hemmungen zu überwinden. Die Synektik ist zwar trainingsintensiv, für geübte Anwender jedoch eine sehr effektive Methode.

Wichtig: Arbeiten Sie wie bei allen Kreativitätstechniken auch bei diesen beiden Methoden nach den Grundsätzen für kreative Teamarbeit.

Kurz vorgestellt: Cross-Industry Innovation

Probleme, die in einem Wissensgebiet herausfordernd sind, können aus der Perspektive eines anderen Gebietes geradezu trivial erscheinen. Diese Erkenntnis von Karim Lakhani, Professor an der Harvard Business School, liegt der Cross-Industry Innovation zugrunde. Dazu ein Beispiel: Jay Meschter, Director of Innovation bei Nike wollte einen Laufschuh entwickeln, der so stabil und gleichzeitig so leicht wie möglich ist. Er überlegte: In welcher Branche spielen Gewicht und Stabilität ebenfalls eine grosse Rolle? Er fragte: Brückenbauingenieure! Und so entstand der Nike-Flywire-Schuh. Der papierdünne, schmutzabweisende Oberschuh wird alleine von Fasern getragen, die den Fuss wie Sehnen umschliessen und wie die Tragekabel einer Hängebrücke angeordnet sind. Da die Festigkeit nicht von einer mehrlagigen Oberfläche kommt, sondern von «Kabeln», ist der Schuh auch enorm flexibel, was beim Laufen extrem angenehm und kraftsparend ist. Der Schuh wiegt bei grosser Stabilität nur 92 Gramm – so viel wie eine Tafel Ritter-Sport.