Big Data

Big Data: Fährtenlesen aus digitalen Spuren So nutzen Sie die Chancen für Ihr Unternehmen

Durch Internet und mobile Endgeräte hinterlässt der Mensch tagtäglich digitale Spuren. Daraus lassen sich Vorlieben ablesen und – durch den Vergleich mit einer grossen Menge anderer Datensätze – sogar zukünftige Verhaltensweisen ableiten. Für welche Unternehmen Big Data interessant ist und warum Kundendaten so wertvoll sind, erklärt der Data-Experte Dr. Christian Huldi.

Server-Rack mit angeschlossenen blauen Kabeln

Daten beschäftigen Christian Huldi bereits seit 30 Jahren. Damals schrieb der heute selbstständige Unternehmensberater und Inhaber des Beratungsunternehmens DataCrea AG, Dozent und Referent seine Dissertation zum Thema Database-Marketing. «Heute ist das Thema im Marketing aktueller denn je. Doch im Grunde geht es noch immer um dasselbe. Nämlich darum, Kunden anhand von gespeicherten Daten relevante Informationen und Angebote zuzuspielen, dadurch effizienter und somit wettbewerbsfähiger zu sein und den Erfolg des Unternehmens zu steigern.» Trotzdem ist er froh um den aktuellen Hype: «Big Data macht den Unternehmen bewusst, dass Daten ein wichtiges, oft aber ungenutztes oder vernachlässigtes Kapital sind.»

Was ist Big Data?

Der Begriff bezeichnet die Analyse grosser Datenmengen aus vielfältigen Quellen in hoher Geschwindigkeit mit dem Ziel, wirtschaftlichen Nutzen zu erzeugen. Getrieben wird Big Data durch das Internet und Endgeräte wie Smartphones und Tablets. Grosse Datenvolumen fallen heute nicht nur in Marketing, Vertrieb und Kundendienst an, sondern auch in der Produktentwicklung, Produktion, Distribution und Logistik sowie beim Finanz- und Risiko-Controlling. Im Marketing sind typische Datenquellen beispielsweise CRM-Datenbanken, soziale Netzwerke, Social Signals wie Facebook-Likes, Check-in-Daten aus standortbezogenen Netzwerken, Diskussionsforen, Blogs, Call-Center-Aufzeichnungen, Produktbewertungen, Fotos, Customer-Journey-Analysen u.a.m. Diese teilweise unstrukturierten Daten in Form von Bildern und Texten zu strukturieren und zusammenzuführen, daraus dynamische Kundenprofile zu erstellen, ist eine grosse Herausforderung, aber auch die grosse Chance von Big Data.

 

Steigende Datenvolumen

Während Schätzungen zufolge im Jahr 2003 weltweit etwa fünf Exabytes (dies entspricht fünf Milliarden Megabytes) neue Daten entstanden sind, waren es 2013 bereits 4000 (Quelle: Sendung «Einstein», 2.10.14, SRF). Mit dem so genannten Internet der Dinge – wenn also Alltagsobjekte mit Sensoren ausgestattet werden, die ihre Umwelt wahrnehmen, kommunizieren und so selbst Teil der digitalen Welt werden, wird das Datenvolumen noch einmal gewaltig ansteigen.

Wem diese Daten nützen

Wann immer Menschen digital agieren, hinterlassen sie Spuren: beim Surfen oder Telefonieren, wenn sie sich online informieren, via Internet oder mit einer Kundenkarte im Laden einkaufen, per E-Mail oder sozialen Medien kommunizieren, die Ortungsdienste auf dem Smartphone aktivieren oder mit Kreditkarte bezahlen. Solche Daten lassen sich – wo rechtlich zulässig – dank heutigen Rechen- und Speicherkapazitäten sammeln und analysieren. Aus den Mustern, die erkennbar werden, lassen sich Vorlieben ableiten. Der Vergleich mit einer grossen Masse anderer Daten lässt zudem auf zukünftige Verhaltensweisen schliessen.

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Big Data-Anwendungen sind im Spiel, wenn Apps wie «Nike+» die Fitness verbessern, Suchmaschinen in Sekundenbruchteilen präzise und individuell zugeschnittene Ergebnisse liefern oder Konsumenten dank Produkt-Empfehlungen im Onlineshop gezielter einkaufen. Die intelligente Nutzung von Daten kommt also sowohl Unternehmen zugute, die durch die Nähe zum Kunden oder durch die Entwicklung innovativer Produkte mehr umsetzen, als auch Konsumenten, die von individuell zugeschnittenen Services und Angeboten, präzisen Verkehrsprognosen oder sogar früh erkannten Missbräuchen bei Kreditkartentransaktionen profitieren.

Spannend sind Verhaltensdaten von Kunden. Veränderungen darin zeigen sowohl Chancen als auch Risiken auf.

Dr. Christian Huldi

Big Data – auch interessant für KMU?

Solch grosse Datenmengen auszuwerten ist aufwändig und bedarf einer entsprechenden Infrastruktur. Ist Big Data folglich nur für grosse Unternehmen oder solche mit umfangreichen Datenflüssen relevant? «Am wertvollsten sind diejenigen Daten, die während einer Kundenbeziehung entstehen, wie persönliche Interessen oder die Kaufhistorie» ist Christian Huldi überzeugt. Die Veränderungen darin zeigten sowohl Chancen als auch Risiken auf. Laut der im 2017 erschienenen «Swiss Marketing Leadership Studie» der ZHAW wollen sieben von zehn Schweizer Unternehmen ihre Investitionen in das Kundenbeziehungsmanagement gegenüber dem Vorjahr erhöhen. «Trotzdem sind sich die meisten Unternehmen nicht bewusst, wie wertvoll ihr Datenschatz ist und verbinden mit dem Thema Daten stattdessen vor allem Kosten und Aufwand.» Dabei könne dessen intelligente Nutzung die Effizienz des Unternehmens erheblich steigern. Dazu gibt es heute bedienerfreundliche und kostengünstige Tools, die auch KMU erlauben, ihre Kundendaten detailliert zu analysieren, mithilfe dieses Wissens in homogene Gruppen einzuteilen und die Kunden und Interessenten mit relevanten und bedürfnisorientierten Angeboten anzusprechen. Wichtig ist laut Huldi, dass man erstens die richtigen Fragen stelle, also zum Beispiel: «Wo liegen Gemeinsamkeiten bei Kunden, die ein bestimmtes Produkt gekauft haben?» oder: «Inwiefern hat sich das Verhalten verändert?» zweitens die Ergebnisse richtig interpretiere und drittens, die Erkenntnisse zeitnah umsetze respektive besser abgestützte Entscheide fälle. Über die eigenen Daten hinaus sind mit entsprechenden Tools zudem auch echte Big-Data-Anwendungen wie Social Media Monitoring (das Mitverfolgen von Dialogen in sozialen Netzwerken), die Anreicherung der Kundendaten mit Merkmalen aus externen Datenuniversen, das Individualisieren von E-Mail-Newsletter oder das automatisierte Beantworten von E-Mails relativ einfach möglich und je nach Branche und Zielgruppe auch für KMU sinnvoll.

Big Data und Segmentierung

Viele Big-Data-Anwendungen arbeiten mit anonymisierten Daten. Die Erkenntnisse aus der Analyse solcher externer Daten (z.B. durch Social Media Monitoring) ermöglicht eine 360-Grad-Sicht auf den Markt und sorgt so für besser abgestützte Entscheide, weil Trends und Bedürfnisse frühzeitig erkannt werden, was insbesondere für die Produktentwicklung wertvoll ist oder auf Potenziale und neue Kundensegmente hinweisen kann. Eine Verbindung mit den bestehenden Kundendaten wird dabei nicht hergestellt. Auch bei Retargeting – dem Einblenden von interessensbasierten Angeboten im Internet – bleibt der Nutzer anonym. Die Zuordnung geschieht aufgrund der IP-Adresse durch das Setzen von Cookies. Anders sieht es aus, wenn sich ein Shopbesucher einloggt oder wenn ein Newsletterempfänger auf einen Beitrag klickt und danach auf der Website surft. Die Interessen lassen sich den Kunden zuordnen und somit künftige Newsletterinhalte oder andere Werbemittel darauf ausrichten. Entscheidend ist im Umgang mit Kundendaten, Lernprozesse zu institutionalisieren, also Massnahmen zu analysieren, Kontakt- und Verhaltensinformationen in die CRM-Software einzupflegen, auf dieser Basis neue Segmente zu bilden und die Kunden aktiv und bedürfnisorientiert zu begleiten (Closed Loop).

Big Data macht den Unternehmen bewusst, dass Daten ein wichtiges, oft aber ungenutztes oder vernachlässigtes Kapital sind.

Dr. Christian Huldi

Datenqualität ist wichtig

Ganz gleich, ob nun Big Data oder einfach bestehende Kundendaten im Spiel sind, entscheidend ist für Christian Huldi deren Qualität: «Daten müssen aktuell und korrekt sein, um die richtigen Schlüsse daraus ziehen zu können.» So seien Dubletten noch immer das grösste Problem in Kundenstämmen, weil sie das Bild eines Kunden durch das Speichern der Informationen in zwei separaten Datensätzen stark verfälschen. Laut einer Studie von Experian Marketing Services leiden aktuell 91 Prozent der Unternehmen unter Datenfehlern.

10 Tipps für den Umgang mit Daten
  1. Ein CRM-Konzept erarbeiten und daraus die Anforderungen an die IT, die Daten-Auswertungen und vor allem an Art, Umfang und Qualität der Daten ableiten.
  2. Sich genau überlegen, welche Daten wichtig sind und wie diese beschafft werden können – nachhaltig und legal.
  3. Vorgesetzte und Mitarbeitende für den Wert aktueller, vollständiger und korrekter Daten sensibilisieren.
  4. Regelmässig die Qualität der Kundendaten anhand von Kennzahlen messen.
  5. Eine CRM-Software einsetzen, die auch die Bearbeitung und Integration von externen Datenquellen ermöglicht sowie Tools für Datenaktualisierung, -anreicherung und -analyse, Segmentierungen oder Social Media Monitoring usw. nutzen.
  6. Durch Prozess-Anpassungen den Closed-Loop-Ansatz des Kundenbeziehungsmanagements (CRM) leben und somit dauernd vom neuen Wissen profitieren (siehe Abschnitt «Big Data und Segmentierung»).
  7. Kundensegmente anhand gezielter Auswertungen immer wieder neu bilden, da die Informationen schnell veralten.
  8. Die Erkenntnisse zeitnah umsetzen und falls nötig auch organisatorische Anpassungen vornehmen.
  9. Nach kreativen Wegen suchen, um Kunden durch das gewonnene Wissen zu begeistern und zum Kaufentscheid zu führen respektive nutzbringende Services zu bieten.
  10. Externe Beratung beanspruchen, um Zeit und Geld zu sparen.

 

Daten mit Ideen verbinden

Ein weiterer Punkt ist für Huldi wichtig, nämlich, intelligent mit Daten umzugehen – getreu der Erfolgsformel «Big Data + Big Ideas = Big Business!» (Quelle: Fraunhofer-Institut). «Wenn mir wochenlang eine Bohrmaschine eingeblendet wird, obwohl ich schon lange eine gekauft habe, dann ist das doch ziemlich ideenlos und nervt nur.» Es gehe darum, durch Big-Data-Anwendungen den Kunden zu begeistern, also bei den Kontaktpunkten durch das gewonnene Wissen für positive Erlebnisse beim Kunden zu sorgen.

Fazit

«Daten können den Wert von Unternehmen massiv steigern. So zählt heute nicht mehr nur, was in der Bilanz steht, sondern auch, welche (Kunden-)Daten ein Unternehmen besitzt, wie gut die Kundenbeziehungen sind und wie es um die Loyalität steht», betont Huldi. Wenn es gelingt, die relevanten Daten zu generieren, diese zu analysieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, können Unternehmen Entscheide zukunftsgerichtet fällen und Kunden auf ihrem Weg zum Kauf und auch danach nah begleiten und so nicht zuletzt mehr Umsatz erzielen. Trotz des starken Fokus auf die digitalen Datenspuren dürfen aber das Offline-Verhalten der Kunden und die Kontaktpunkte in der realen Welt nicht vernachlässigt werden. Wichtig ist zudem, dass Kundensegmente auf der Basis von Daten immer wieder neu gebildet werden, weil sich die Bedürfnisse der Kunden je nach Lebenssituation und Stand im Kaufentscheidungsprozess ständig ändern. Am Ziel des Marketings schliesslich ändert Big Data nichts: zur richtigen Zeit mit den richtigen Informationen und Angeboten am richtigen Ort zu sein. Doch es kann helfen, diesem hochgesteckten Ziel und somit der Realität ein Stück näher zu kommen.

Zur Person

Christian Huldi schrieb 1988 seine Dissertation zum Thema Database-Marketing an der Universität St. Gallen. Bis heute interessieren ihn weniger die Technologien, als vielmehr die Business-, Marketing- und CRM-Aspekte von Daten. Nach verschiedenen Stationen als Unternehmensberater und zuletzt als Geschäftsführer eines Datendienstleisters arbeitet er heute als selbstständiger Unternehmensberater, Dozent und Referent mit dem eigenen Unternehmen DataCrea AG. Er gilt als einer der führenden Experten in den Bereichen Kundenbeziehungs-Management (CRM), Database-Marketing, Datenqualität und Dialogmarketing im deutschsprachigen Raum.

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