Wie Agenturen in Krisenzeiten auf Kurs bleiben

Wie Agenturen in Krisenzeiten auf Kurs bleiben Expertinnengespräch zur richtigen Strategie

Wirtschaftlich turbulente Zeiten treffen Werbeagenturen oft mindestens so hart wie ihre Kundschaft. Was braucht es, um den Sturm zu überstehen? Die erfahrenen Werbeprofis Doris Bühler und Barbara Duerst diskutieren im Expertinnengespräch über die richtige Strategie.

Porträtbilder von Doris Bühler und Barbara
Für Barbara Duerst und Doris Bühler steht fest: Agenturen können sich nicht auf alle Szenarien vorbereiten. Doch wenn eine Krise eintritt, müssen sie sofort und flexibel darauf reagieren.

Corona, Ukrainekrieg und nun ein drohender wirtschaftlicher Abschwung – wie wirken sich die unsicheren Zeiten auf die Werbeaktivitäten Ihrer Kundinnen und Kunden aus?

Barbara Duerst: Manche kürzen ihre Werbebudgets drastisch, andere geben sogar deutlich mehr für das Marketing aus als vorher. Krisen bringen ja nicht nur Verlierer hervor, sondern auch Gewinner. Das wurde während Corona augenfällig. Momentan stellen wir jedoch fest, dass die Kundinnen und Kunden eher zurückhaltend sind. Das ist verständlich, weil wir uns als Gesellschaft durch eine Krise nach der nächsten kämpfen.

Doris Bühler: Ob Krise oder nicht – Grossunternehmen haben eigentlich immer Spardruck. Doch während Corona hatten wir Glück, da unsere Kundschaft aus weniger betroffenen Branchen stammt: Sie musste sogar mehr kommunizieren, was zu einem grösseren Auftragsvolumen führte. Ganz konkret spürten wir die Krise bei der Produktion im Printbereich. Das Papier wurde teurer und war teilweise nicht verfügbar. Also mussten oft Lösungen her wie eine reduzierte Auflage, eine schlankere Umsetzungsform oder mehr digitale Massnahmen. Und auch der Fachkräftemangel hat die Akzente im Marketing verschoben: Heute setzen mehr Unternehmen auf Employer Branding.

Wie reagieren Sie darauf, wenn die Aufträge abnehmen und die Budgets sinken? Können Sie sich darauf vorbereiten?

Barbara Duerst: Bei Corona gab es nichts vorzubereiten, die Krise traf uns wie ein Schlag. Seither haben wir aber die Gewissheit, dass wir uns schnell neuen Bedingungen anpassen können. Unsere Devise lautet: Sofort und flexibel auf Krisen reagieren, statt uns auf alle denkbaren Szenarien vorzubereiten. Um die Probleme kümmern wir uns, wenn sie eintreffen – dann aber umgehend, fokussiert und konsequent.

Doris Bühler: Das sehe ich gleich. Auch wir machen uns nicht zu viele Sorgen über Dinge, die noch gar nicht eingetroffen sind. Klar achten wir darauf, ein diverses Kundschaftsportfolio aufzubauen und Rücklagen zu bilden – aber grundsätzlich kümmern wir uns um das Jetzt. Und falls die Mittel tatsächlich auf einmal knapp werden, reagieren wir zügig und pragmatisch: Dann gibt es zum Apéro Prosecco statt Champagner und in der Agentur Blumen aus dem Denner statt aus der Markthalle (lacht). Hätten wir den ganzen Tag Bauchweh wegen möglicher Widrigkeiten, wären wir in der falschen Branche. Risikobereitschaft, Mut und Spontaneität gehören zu unserem Alltag.

Barbara Duerst: Genau. Und jede Krise bietet auch Chancen: Gerade während Corona ergab sich die Möglichkeit für einen Media-Shift, weil die Leute nicht mehr draussen unterwegs waren und es monatelang keine Aussenwerbung brauchte. So gelang vielen Unternehmen die Umstellung auf digitale Kanäle. Was uns besonders freute: Das klassische Dialogmarketing gewann ebenfalls an Beliebtheit, etwa adressierte oder unadressierte Mailings.

Wenn die Werbebudgets kleiner werden: Beraten Sie Ihre Kundinnen und Kunden, wo Einsparungen am ehesten möglich sind und wie sie den Mediamix anpassen sollten?

Doris Bühler: Wir beraten unsere Kundschaft ohnehin kostenoptimiert – in guten Zeiten genauso wie in schwierigen. Immer häufiger übernehmen wir auch eine strategische Funktion und werden zum verlängerten Arm des Marketings. Wenn uns die Kundschaft schon in die Budgetplanung einbezieht, können wir frühzeitig Impulse geben. Wir weisen zum Beispiel darauf hin, wenn es nicht die Zeit für eine Imagekampagne ist, sondern eher in die Kundschaftsbindung investiert werden sollte.

Barbara Duerst: Bei kleineren Budgets ist noch mehr Kreativität gefordert. Manchmal braucht es den äusseren Zwang, um Neues auszuprobieren. Plötzlich merkt man zum Beispiel, dass ein anderer Mediamix besser funktioniert. Gerade im Dialogmarketing testen und optimieren wir konsequent – und gewährleisten so eine hohe Budgeteffizienz.

Oft erwarten die Auftraggeberinnen und Auftraggeber von ihren Agenturen ebenso hochwertige Arbeit bei geringeren Budgets. Wie gehen Sie mit dieser Erwartung um?

Barbara Duerst: In einem solchen Fall suchen wir das Gespräch und erklären der Kundin oder dem Kunden im übertragenen Sinne: «Sie können auch nicht mit weniger Geld ins Restaurant gehen und dafür das gleich grosse Filet wie immer bestellen …» Aber natürlich denken wir mit und schauen, welche Arbeitsschritte sich effizienter gestalten lassen. Oft können wir bestehende Konzepte recyclen. Das ist viel günstiger, als die Welt immer wieder neu zu erfinden. Was wir konsequent vermeiden: Das Gleiche leisten für weniger Geld. Denn das bringt uns Agenturen in Teufels Küche. Wir können nicht mehr die erwünschte Qualität liefern. Zusätzlich erzielen unsere Kundinnen und Kunden nicht mehr die angepeilten Resultate – für beide Seiten frustrierend.

Doris Bühler: Wenn der Druck zunimmt, müssen wir als Agentur gut darauf achten, keine grossen Versprechen für kleines Geld abzugeben. Als Dienstleisterin können wir nicht plötzlich das Doppelte pro Stunde leisten und dann noch den Stundensatz senken. Die Herstellungslogik von Produkten, die mit der Menge immer günstiger werden, zieht hier nicht.

Erfolgreich werben in Krisenzeiten? Schärfen Sie Ihren Mediamix

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Preissenkungen sind also kein Thema. Was halten Sie von anderen finanziellen Massnahmen, um das Auftragsvolumen zu stützen? Etwa von Kostendächern oder erfolgsbasierten Verrechnungsmodellen?

Doris Bühler: Ich habe noch nie erlebt, dass ein erfolgsbasiertes Modell für beide Parteien gut funktioniert und zu einer nachhaltigen Partnerschaft beigetragen hat.

Barbara Duerst: Ich halte auch nichts davon, weil das Frustrationspotenzial gross ist. Ein Beispiel: Die Kundin oder der Kunde will ein neues Angebot bewerben, von dem wir als Agentur nicht hundertprozentig überzeugt sind. Dann müssen wir das Risiko dennoch mittragen und verdienen bei ausbleibendem Erfolg weniger, obwohl die Kampagne ohne unsere Massnahmen womöglich noch schlechter gelaufen wäre. Der Aufwand erfolgsbasierter Verrechnungsmodelle ist zudem immens und rechnet sich für beide Seiten kaum.

Doris Bühler: Kostendächer sind die bessere Lösung und sorgen für mehr Klarheit. Aber auch hier muss man ab und an nachkorrigieren. Wir weisen immer rechtzeitig darauf hin, wenn wir an die Grenzen der fürs Kostendach definierten Arbeiten kommen, besonders bei den Anpassungsrunden. So weiss die Kundin oder der Kunde, was noch möglich ist – oder kann das Kostendach anpassen. Wir haben auch schon einen Rabatt gewährt oder eine zusätzliche Variante kostenlos erstellt für treue Bestandskundschaft oder zum Auftakt eines grösseren langfristigen Projekts.

Zum Schluss sind wir gespannt auf Ihre Prognose: Wie wird sich der Schweizer Werbemarkt in der nächsten Zeit entwickeln?

Barbara Duerst: Die Umfragen aus Deutschland deuten darauf hin, dass die kommenden Monate für uns Agenturen harziger werden. Denn oft spüren wir die Entwicklungen in Deutschland etwas zeitversetzt auch bei uns in der Schweiz. Zudem gehe ich davon aus, dass die Arbeit mit künstlicher Intelligenz die Branche verändern wird. Wir müssen uns überlegen: Welche Angebote können wir den Kundinnen und Kunden machen, um uns klar von automatisierten Diensten zu unterscheiden? Aber auch diese Herausforderung werden wir meistern.

Doris Bühler: Ich tue mich schwer damit, für die ganze Agenturwelt eine Prognose zu stellen. Klar ist: Die schnellen Veränderungen verlangen von uns Agenturen, dass wir uns laufend weiterbilden und uns mit den neuen Technologien auseinandersetzen. Ebenfalls wichtig: Wir beziehen unsere Mitarbeitenden in unternehmerische Aspekte ein. So verstehen sie in turbulenten Zeiten, wo die Herausforderungen für uns als Agentur liegen.

Die Expertinnen
Doris Bühler

Ist Partnerin bei Bühler & Bühler. Als Chief Creative Officer der Zürcher Agentur sorgt sie für die perfekte Verschmelzung von Text und Design.

Barbara Duerst

Ist Director Dialog Marketing und Partnerin bei der Wirz Group. Dialogmarketing sieht sie als wesentlichen Bestandteil der Marketingkommunikation.

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