Purpose Marketing als Wettbewerbsvorteil Wie ein klarer Unternehmenszweck die Rolle des Marketings verändert
Preis und Qualität waren beim Einkaufen schon immer die zentralen Kriterien. Und sie bleiben es auch. Doch zusätzlich zählt für viele Konsumierende heute der Purpose einer Marke: welche grosse Idee sie verfolgt und wofür sie einsteht. Dadurch erhalten die Marketers nach innen eine neue Rolle als Fürsprecher des Purpose im Unternehmen. Nach aussen muss das Marketing Purpose-getrieben kommunizieren.
Purpose gehört zu den sieben Global Marketing Trends 2021, die das internationale Beratungsunternehmen Deloitte identifiziert hat. Der englische Begriff lässt sich mit «Sinnhaftigkeit» übersetzen. Der Purpose eines Unternehmens beschreibt den Zweck seines Daseins und den Sinn des eigenen Handelns. Er beantwortet grundlegende Fragen zum Warum und zum Wie. Diese Antworten interessieren nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Stakeholder, sondern genauso bestehende und potenzielle Kunden. Sie möchten wissen, welchen Zweck ein Unternehmen verfolgt und wie es sich etwa für Gesellschaft, Umwelt, Menschenrechte, Diversität und Gender Equality einsetzt.
Doch zusätzlich zu diesem kollektiven Nutzen betrachten die Konsumierenden natürlich auch den individuellen Nutzen. Das Unternehmen muss mit seinem Purpose eines ihrer Bedürfnisse erfüllen – und sich dabei von anderen Anbietern abgrenzen. Neben der ökologischen und der sozialen Dimension darf der Purpose also die wirtschaftliche nicht ausblenden. Der Zweck des Daseins muss aufzeigen, wie sich dauerhaft Geld verdienen lässt.
Höhere Ansprüche an unternehmerisches Handeln
Dieser Dreiklang von ökologischem Handeln, sozialer Verantwortung und Streben nach langfristigem wirtschaftlichem Erfolg ist nicht neu. Er entspricht dem Konzept einer nachhaltigen Entwicklung, von der seit Anfang der 1990er-Jahre oft die Rede ist – die aber für einen grossen Teil der Bevölkerung lange ein vager Begriff mit wenig Relevanz fürs eigene Leben war. Das hat sich in den letzten Jahren vor allem durch zwei Ereignisse drastisch geändert. Die Fridays-for-Future-Bewegung und die Coronapandemie haben dafür gesorgt, dass ein bedeutender Teil der Menschen in der ersten Welt mehr denn je den Sinn ihres Lebens hinterfragen und gleichzeitig bewusster konsumieren. Die persönliche soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung ist in den Fokus gerückt und damit auch jene der Unternehmen, die man mit seinem Konsum unterstützt.
Ein starker Purpose schafft daher eine erfolgreiche Differenzierung zu den Mitbewerbern, ist ein Verkaufsargument gegenüber neuen Kunden und vertieft die Loyalität bei den bestehenden. Vertrauen und Glaubwürdigkeit stellen sich aber nur ein, wenn der Unternehmenszweck authentisch wirkt, die Menschen emotional anspricht und vor allem gelebt wird. Reden und Handeln müssen identisch sein.
- Warum braucht es unser Unternehmen und unsere Produkte – heute und in Zukunft?
- Was treibt uns an?
- Welches Problem lösen wir?
- Wie profitieren unsere Kunden davon?
- Wie wollen wir die Welt verändern?
- Wie packen wir das an?
- Für welche Überzeugungen stehen wir ein?
Studien belegen Wettbewerbsvorteil
Wie stark die wirtschaftlichen Vorteile eines glaubwürdigen Purpose ausfallen, belegen gleich mehrere aktuelle Studien. Die deutsche Strategieagentur diffferent führte bei der Studie «Purpose: Von Buzz zu Business» im Auftrag der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) eine qualitative Konsumentenbefragung und Experteninterviews durch. Die Resultate zeigen: 65% der Konsumierenden ziehen bei ansonsten gleichwertigen Produkten die Purpose-getriebene Alternative vor. 51% sind sogar bereit, höhere Preise für «guten Konsum» zu bezahlen. Das Strategieunternehmen Accenture führte zum gleichen Thema eine globale Umfrage bei 30'000 Personen durch. 62% der Befragten erwarten von einem Unternehmen bei seiner Arbeit ein aktives Engagement für die ihnen wichtigen Themen. Weiter wurden die Teilnehmenden gefragt, welche Faktoren abgesehen von Qualität und Preis beeinflussen, ob sie eine Marke kaufen oder nicht. 52% haben einen übergeordneten Sinn genannt – etwas Grösseres, das mit den eigenen Werten übereinstimmt.
Die Studie «Purpose. Die grosse Unbekannte» der beiden Unternehmen Kienbaum und Human Unlimited wiederum befragte 1300 Führungskräfte und Mitarbeiter von Firmen aus dem deutschsprachigen Raum. Zwei Drittel der Befragten in Unternehmen mit einem bewusst eingeführten Purpose beobachten positive Effekte auf die Gesamtperformance. Drei Viertel berichten von einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeiter. Zudem fällt es Unternehmen mit einem ausgeprägten Purpose gemäss der Studie leichter, Kunden zu gewinnen.
Wie gut grosse Schweizer B2C-Unternehmen dafür gerüstet sind, sich bei ihrer Arbeit über einen Corporate Purpose zu positionieren, zeigt der «Purpose Readiness Index» von Globeone auf. Die Managementberatung hat Attribute in den fünf Imagedimensionen Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit, Authentizität, Ehrlichkeit und Gewinnstreben untersucht und dafür mehr als 1000 Personen aus der Schweiz online befragt. Demnach werden 71% der untersuchten Marken hinsichtlich einer Purpose-zentrierten Positionierung als überwiegend glaubwürdig wahrgenommen, 22% sogar als voll glaubwürdig.
- Globeone: Purpose Readiness Studie Schweiz (2021)
- Kienbaum und human unlimited: Purpose. Die grosse Unbekannte (2020)
- Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) und diffferent GmbH: Purpose – von Buzz zu Business (2019)
Neue Aufgaben und Ziele für das Marketing
Auch wenn der Purpose als Marketingtrend gilt, muss er das gesamte Unternehmen beschäftigen und von der Organisation als Ganzes gelebt werden. Dem Marketing – und besonders der Marketingleiterin oder dem Marketingleiter als Teil des Managements – kommt jedoch die Rolle zu, die Entwicklung zu einer Purpose-getriebenen Unternehmenskultur anzustossen und zu orchestrieren. Dadurch erhält das Marketing eine neue strategische Aufgabe und wird zum unverzichtbaren Player innerhalb des Purpose-Unternehmens. Es überprüft laufend, wie der Purpose, das Verhalten im Unternehmen und die Wirkung bei den Zielgruppen zusammenspielen. Die Marketers verteidigen den Purpose innerhalb der Firma. Planen zum Beispiel andere Teams aus wirtschaftlichen Gründen Aktivitäten, die dem Purpose zuwiderlaufen, macht das Marketing darauf aufmerksam oder hat sogar ein Vetorecht. Ein weiteres wichtiges Ziel des Marketingteams: Es übersetzt bei seiner Arbeit den Unternehmenszweck in eine kundengerechte Sprache, steigert seine Bekanntheit und zeigt auf, wie er gelebt wird. Mit Purpose-Kommunikation positioniert sich das Unternehmen über Sinnhaftigkeit.
Glaubwürdiges und offensives Purpose-driven Marketing erfordert auch, Haltung zu zeigen und Stellung zu beziehen, vor allem zu Fragen der Gesellschaft. Das ist einer der Gründe, weshalb viele Unternehmen zurückhaltend über ihren Purpose sprechen, selbst wenn er stark verankert ist. Denn als Marke für etwas einzustehen, bedeutet oft, gegen etwas anderes zu sein und dadurch Kunden oder Investoren zu vergraulen. Hinzu kommt die Angst vor Shitstorms. Weil das Unternehmen den Purpose möglicherweise noch nicht zu 100% lebt und angreifbar ist, verzichtet es lieber ganz auf eine Purpose-Kommunikation. Der weit verbreitete Irrglaube auf der Führungsetage lautet: Die Öffentlichkeit wird den Purpose und das Handeln danach mit der Zeit selbst erkennen. Doch das klappt nur in den wenigsten Fällen.
Klar ist: «Purpose Washing» lohnt sich nicht. Davon spricht man, wenn das Marketing einen höheren Unternehmenszweck konstruiert und grossspurig verkauft, ohne dass eine solche gemeinsame Vision im Unternehmen verankert ist. Wer hingegen seinen Corporate Purpose klar definiert hat und sich konsequent in diese Richtung entwickelt, darf das durchaus kommunizieren. Der damit verbundene Transformationsprozess bietet viele Gelegenheiten, immer wieder über das Erreichte zu berichten, aber auch noch vorhandene Schwächen und Rückschläge offenzulegen. Unternehmen können Kunden und Stakeholder sogar dazu einladen, sie auf ihrem Weg in Richtung Purpose-getriebenes Handeln zu begleiten. Im besten Fall entsteht ein erfolgreicher Dialog.
Direct Mailings machen es leicht, den Purpose zu vermitteln. Denn anders als bei elektronischen Kanälen können Unternehmen dazu nicht nur Texte und Bilder einsetzen.
Bei Mailings lassen sich auch Bestandteile, Formate, Materialien und Veredelungen so wählen, dass sie den Purpose unterstreichen und ihn mit mehreren Sinnen erlebbar machen. Dadurch werden Menschen berührt. Diese emotionale Ansprache vereinfacht es, die wichtigste Anforderung an die Purpose-Kommunikation zu erfüllen: Glaubwürdigkeit.
Gerade Organisationen, die einen ideologischen Zweck haben wie etwa NPO, bringen ihren Corporate Purpose mit Dialogmarketing klar auf den Punkt. Wie gut das gelingen kann, zeigt zum Beispiel das Mailing «Offen gesagt», mit dem die Schweizer Berghilfe Spenden für ihre Corona-Soforthilfe sammelte.