Agenturmodelle mit Zukunft Bewährte und neue Formen der Zusammenarbeit
Die Digitalisierung verändert die Kommunikation. Unternehmen überdenken deshalb ihre Zusammenarbeit mit externen Partnern. Das ist gut so, denn die altbewährten Agenturmodelle sind nicht immer die besten. Gefragt sind kollaborative Formen der Zusammenarbeit sowie agile und flexible Agenturen. Ein Blick in die Agentur-Landschaft.
Digitalisierung bringt grosse Veränderungen
Kommunikation ist aufwendiger geworden. Aber auch spannender, interaktiver, schneller. Und vor allem: digitaler. Während Marketers früher vor allem in gross angelegten Werbekampagnen dachten, wird heute jede Botschaft mittels zahlreich aufeinander abgestimmten Einzelmassnahmen über mehrere Kanäle transportiert, oft von Empfängern kommentiert und manchmal weiterverbreitet. Das Verhalten des (potenziellen) Kunden wird pausenlos analysiert. Das Ziel: Ihn auf seinem Weg zum Kauf maximal und möglichst in Echtzeit beeinflussen. Das erfordert ein Umdenken, spezialisiertes Know-how und neue Organisationsstrukturen – sowohl in Unternehmen als auch in Agenturen. Da die bisherigen Rezepte immer weniger funktionieren, gilt es, Neues auszuprobieren. Dabei sind Fehler erlaubt, ja sogar notwendig, um auf die individuell besten Lösungen zu kommen.
Bewährt: Fullservice-Agentur
Viele der klassischen Agenturmodelle scheinen überholt. Das Modell einer Fullservice-Agentur entspricht auf den ersten Blick nicht mehr der heutigen Zeit, weil die Ansprüche der Kunden steigen und insbesondere in den digitalen Kanälen die Spezialisierung zunimmt. Trotzdem: Verschwinden wird diese Form der Zusammenarbeit auch in Zukunft nicht. Es ist zwar schwierig, auf sämtlichen Gebieten top zu sein. Aber grosse Agenturen setzen zunehmend auf 360-Grad-Service. Für den Auftraggeber besonders positiv ist der geringe Aufwand für die Steuerung und der einfach zu realisierende einheitliche Auftritt.
Bewährt: Lead-Agentur
Im Gegensatz zur Fullservice-Agentur übernimmt die Lead-Agentur nicht alle Aufgaben selber, sondern koordiniert deren Umsetzung mit anderen Agenturen. Das bringt vor allem einen grossen Vorteil: Die Kompetenzen sind breiter abgestützt. Die Gefahr, dass gute Ideen der Sub-Agenturen nicht zum Kunden durchdringen, weil kein direkter Kontakt besteht, ist gering, weil es im Interesse der Lead-Agentur ist, dass die besten Ideen umgesetzt werden. Positiv ist auch bei diesem Agenturmodell die einfache Steuerung und der einfach zu realisierende einheitliche Auftritt.
Weit verbreitet: Igel-Modell und Agentur-Pool
Nach wie vor am weitesten verbreitet ist das Igel-Modell, bei dem der Auftraggeber mehrere Agenturen unabhängig voneinander brieft und beauftragt. Auf diese Weise profitiert das Unternehmen von vielen Kompetenzen, die Abhängigkeit sinkt. Nachteilig ist der hohe Aufwand für die Koordination der Agenturen. Zudem ist eine integrierte Markenkommunikation deutlich schwieriger sicherzustellen. Deshalb werden Unternehmen, die einkaufgetrieben arbeiten, oft das Modell Agentur-Pool wählen. Dabei erhalten die Agenturen Rahmenverträge, die Fachabteilungen des Auftraggebers können die Agenturen frei beauftragen. Vor- und Nachteile entsprechen denjenigen des Igel-Modells.
Zukunftsfähig: Kollaborations-Modell
Bei diesem Agenturmodell steuert der Auftraggeber die Agenturen. Doch die Zusammenarbeit verläuft anders als beim Igel-Modell oder dem Agentur-Pool. Die Agenturen werden nicht unabhängig voneinander gebrieft, die Lösungen werden gemeinsam mit allen strategischen Partnern entwickelt. Auf diese Weise fliessen die Kompetenzen der Agenturen und der Spezialisten bereits in der Ideen- und Konzept-Phase ein. Zudem ist es einfacher, auf die Komplexität und Schnelllebigkeit des Markts zu reagieren. Die Arbeitsweise wird jedoch komplett verändert: Das Kollaborations-Modell erfordert von allen Beteiligten viel Disziplin und ein partnerschaftliches Miteinander. Zudem gilt es das Vergütungsmodell anzupassen, denn Konzepte und Strategien müssten entlöhnt werden.
Im Kommen: Inhouse-Agentur
Grosse, multinationale Unternehmen setzen verstärkt auf Inhouse-Agenturen. Die Hauptgründe sind Kosteneinsparungen, eine bessere Integration sowie ein grösseres Marken- und Geschäftswissen der Werbe- und Kommunikationsspezialisten. Dabei gibt es jedoch einen grossen Nachteil: die fehlende Aussenperspektive. Aber für grosse Unternehmen kann es finanziell und strategisch sinnvoll sein, die Wertschöpfungskette im eigenen Unternehmen zu halten. Gilt das auch für kleinere Unternehmen? Wie viel Kompetenz soll im eigenen Betrieb aufgebaut, wie viel zugekauft werden? Wichtig ist, die richtigen Fragen zu stellen: Erreicht die Inhouse-Agentur das Niveau externer Spezialisten? Können wir die Agentur dauerhaft auslasten?
Immer beliebter: Corporate Newsroom für die Kommunikation
Das Kollaborations-Modell eignet sich am besten, um das Konzept eines Corporate Newsroom umzusetzen. Die Idee des Newsroom stammt aus dem Journalismus. In vielen Medienunternehmen findet täglich eine redaktionen- und kanalübergreifende Sitzung statt, bei der die Themen des Tages besprochen werden. Übertragen auf die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Agenturen bedeutet das: Im Zentrum stehen die Fragen, was die Kunden interessiert und was dem Unternehmen nützt. Liegen keine aktuellen übersteuernden News vor, orientiert sich das Team an der Planung, die aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden kann.
Die bestmögliche Lösung finden
Nur grosse, multinationale Unternehmen können mit umfassenden Inhouse-Lösungen erfolgreich sein. Durch die steigende Komplexität sind die meisten Unternehmen zunehmend auf die Leistungen von Agenturen angewiesen. Und die Ansprüche an Agenturen steigen – bezüglich Flexibilität, Bereitschaft zur agenturüberschreitenden Kollaboration, strategischer Kompetenz, Innovationskraft und kanalunabhängiger Ideen und Lösungen. Auftraggeber werden vermehrt zum integralen Bestandteil eines Entwicklungsprozesses. Kommunikationsexperten engagieren sich über Agentur- und Unternehmensgrenzen hinaus gemeinsam für eine Sache – mit dem Ziel, die bestmögliche Lösung zu finden.