Targeting: Wirklich nur online? Methoden für die präzise Zielgruppenansprache im Marketing
So trifft Werbung ins Schwarze: Targeting bedeutet, richtig zu zielen und präzis zu schiessen. Dabei haben Marketingteams am besten verschiedene Pfeile im Köcher. Denn die Kombination von Online- und Offline-Targeting ergibt die höchste Trefferquote.
Diese zwei Wörter hätte Katja besser nicht in die Suchmaschine eingegeben: Sneakers Nike. Denn seither werden ihr auf allen möglichen und unmöglichen Websites immer wieder Angebote für Sportschuhe der amerikanischen Marke vorgeschlagen. Echt nervig! Dabei hat sie die Schuhe längst gekauft, ist zufrieden damit und benötigt vorerst keine weiteren. Was Katja erlebt, ist Targeting – genauer: Retargeting. Durch ihre Sucheingabe hat sie ein Kaufinteresse signalisiert. Nun versuchen Anbieter, sie durch das Anzeigen passender Angebote zu einem Kauf zu führen.
Der Begriff «Targeting» lässt sich mit «Zielgruppenansprache» übersetzen. Er leitet sich vom englischen «Target» ab, also von «Ziel». Im Marketing dient Targeting dazu, Werbung mithilfe von Daten und speziellen Technologien den einzelnen Personen einer Zielgruppe auszuspielen – massgeschneidert und gemäss ihren Bedürfnissen. Das ist online, offline und erst recht crossmedial möglich. Das Grundprinzip dahinter: Dank der hohen Relevanz wirkt die Werbung stärker.
Der Überbegriff «Targeting» steht für eine präzise Zielgruppenansprache. Dabei wird den Empfängerinnen und Empfängern Werbung gemäss ihren Bedürfnissen und Interessen und im besten Fall auch passend zum aktuellen Kontext individuell ausgespielt. Dafür bestehen ganz unterschiedliche Methoden. Sie alle haben zum Ziel, möglichst effizient zu werben, Streuverluste zu reduzieren und mehr Conversions zu erreichen.
Retargeting ist eine der Methoden fürs Targeting. Dabei werden Nutzerinnen und Nutzern mit gezielter Werbung an Angebote erinnert, für die sie sich zuvor auf Websites oder in Onlineshops interessierten. Die Erinnerung soll sie auf ihrer Customer Journey schneller voranbringen und zum Kauf führen. Das Retargeting kann auf den bereits besuchten oder auf anderen digitalen oder physischen Kanälen erfolgen.
Im Umfeld der Zielgruppe
Targeting ist jedoch kein neues Vorgehen im Marketing. Schon früher war den Werbeprofis klar: Werbung wirkt stärker, wenn sie abgestimmt auf die Zielgruppe im richtigen Umfeld erscheint. Besonders leicht liess sich das im Printbereich umsetzen. Um bei Katjas Beispiel zu bleiben: Sportschuhe für junge Frauen wurden in jenen Zeitschriften beworben, die von dieser Zielgruppe am häufigsten gelesen wurden.
Heute funktioniert Targeting natürlich ausgefeilter. Einerseits bestehen viel mehr Informationen über die Konsumierenden und andererseits gibt es ein Mehrfaches an Kanälen. Diese Grundlagen ermöglichen, mit dem Targeting differenzierte Ziele entlang der Customer Journey zu verfolgen. Kundinnen und Kunden lassen sich etwa zu Up-Selling und Cross-Selling bewegen, reine Offlinekunden zu Onlinekäufen motivieren. Unabhängig von den Zielen hat systematisches Targeting Vorteile wie mehr Response und Conversions, die Möglichkeit zum Re-Targeting, eine höhere Effizienz und geringere Streuverluste. Vor allem dieser letzte Vorteil kann sich bei zu feinem Targeting allerdings in einen Stolperstein verwandeln. Die Botschaften erreichen dann nur noch eine sehr eng begrenzte Zielgruppe, aber keine weiteren potenziellen Kundinnen und Kunden.
Datengetriebenes Targeting hält also einige Herausforderungen bereit. Es steht ganz oben auf der To-do-Liste vieler Marketingteams. In der internationalen Trend-Umfrage «Adobe Digital Trends 2020», die das Marktforschungsinstitut Econsultancy im Auftrag von Adobe durchführte, bezeichneten 28 Prozent der befragten Unternehmen Targeting und Personalisierung als eine ihrer Top-Prioritäten. Bei der Studie «Medien der Zukunft 2022» von Admeira nennen sogar 49 Prozent der Befragten aus der Schweizer Werbewirtschaft die zielgruppengerechte Ansprache verschiedener Konsumentengruppen als eine der wichtigsten Herausforderungen fürs Unternehmen.
Keyword Targeting – ein Klassiker im Online-Marketing
Herausfordernd ist Targeting nicht zuletzt darum, weil immer mehr Methoden dafür bestehen und sich die Technologien laufend weiterentwickeln. Zu den langjährigsten und wichtigsten Targeting-Techniken im Online-Marketing gehört das Keyword Targeting. Dabei hängt die gezeigte Werbung davon ab, welche Suchbegriffe die Nutzerinnen und Nutzer in Suchmaschinen eingeben. Stimmt ein Suchbegriff mit einem der zuvor festgelegten Keywords eines Werbetreibenden überein, wird dessen Werbung ausgespielt. Welche Websites die Person besucht, spielt bei dieser Methode keine Rolle.
Behavioral Targeting: Das Verhalten zählt
Ganz anders beim Behavioral Targeting: Wie schon der Begriff sagt – «Behaviour» bedeutet übersetzt «Verhalten» –, liefert das Verhalten im Internet die nötigen Hinweise dazu, wofür sich die Nutzerinnen und Nutzer interessieren und welche Werbung für sie relevant ist. Im Gegensatz zum Retargeting, das ebenfalls auf dem bisherigen Verhalten basiert, setzt das Behavioral Targeting den Fokus breiter: Bei dieser Targeting-Methode werden nicht nur Angebote beworben, für die sich die User bereits interessierten.
Analysiert wird das Verhalten mittels Cookie-Tracking. Cookies sind Textdateien aus Zahlen und Buchstaben, die jeder Nutzerin und jedem Nutzer einer Website eine eindeutige Identität geben. Gespeichert werden die Cookies im Browserverlauf. Besucht die Person die Website erneut, wird sie erkannt. So lässt sich ein anonymisiertes Profil zum Surfverhalten erstellen, um dazu passende Werbung anzuzeigen – auch auf Websites, die mit dem relevanten Thema nichts zu tun haben. Sogenannte First-Party-Daten generieren werbetreibende Unternehmen auf ihrer eigenen Website. Sie sind von hoher Qualität, reichen allerdings für präzises Targeting meist nicht aus. Daher kaufen die Marketingteams zusätzlich Third-Party-Daten von Drittanbietern, deren Qualität allerdings unterschiedlich ausfällt.
Predictive Behavioral Targeting macht Vorhersagen
Auf Daten, die mit Cookies generiert wurden, setzt auch das Predictive Behavioral Targeting. Bei dieser Weiterentwicklung des Behavioral Targetings kommen Algorithmen zum Einsatz, um Vorhersagen («Predictions») zum Verhalten von Nutzerinnen und Nutzern zu machen. Das ist vor allem bei Konsumierenden interessant, zu denen wenig Daten bestehen. Weil die vorhandenen Informationen für individualisiertes Advertising nicht ausreichen, wird errechnet, welche Werbung für die User mit hoher Wahrscheinlichkeit relevant ist.
Solche Targeting-Methoden, die auf Cookies setzen, gelten inzwischen allerdings als Auslaufmodelle. Das liegt an verschärften Datenschutzbestimmungen und dem Bekenntnis grosser Techkonzerne wie Google und Apple, den Usern die Selbstbestimmung über ihre Daten zurückzugeben. Schwer haben es vor allem die Third-Party-Cookies. Sie werden zwar von Website-Betreibern in ihre Webseiten integriert, gehören aber meist Werbeplattformen. Diese generieren damit Daten, die sie weiterverkaufen – ein für die User undurchsichtiges Vorgehen, das nicht mehr der neuen Philosophie «Privacy first» entspricht und daher immer stärker unterbunden wird.
Contextual Targeting: Es geht auch ohne Cookies
Die Lücke in der Nach-Cookie-Ära füllen andere Targeting-Methoden. Auf dem Vormarsch ist vor allem das Contextual Targeting, weil es ohne Cookies auskommt. Für die ausgespielte Werbung zählen nicht mehr die Klicks in der Vergangenheit, sondern die Interessen in der Gegenwart. Das bedeutet auch, dass sich Konsumierende wie Katja nicht länger über Werbung für ein Produkt ärgern müssen, das sie bereits gekauft haben. Stattdessen werden sie beim Contextual Targeting genau dann mit Werbung konfrontiert, wenn sie sich zu einem verwandten Thema informieren – wenn also der Kontext stimmt und folglich die Akzeptanz für die Werbung besonders hoch ist.
Dazu können Werbetreibende aus zahlreichen Kategorien jene auswählen, die am besten zu ihrem Produkt passen. Auf Websites, die diesen Kategorien zugeordnet sind, erscheint dann ihre Werbung. Das ist vor allem für Kampagnen interessant, die eine hohe Reichweite anstreben. Hingegen erreicht das Contextual Targeting nicht die Präzision und den hohen Personalisierungsgrad des Behavioral Targetings. Die Gefahr von «Bad Ads», von unpassender Werbung, ist grösser. So kann es etwa passieren, dass einer veganen Person auf einem Kochportal eine Anzeige für Steakmesser gezeigt wird. Besser schneidet hier eine Weiterentwicklung des Contextual Targetings ab – das semantische Targeting.
Semantisches Targeting setzt auf KI
Beim semantischen Targeting wird die Werbung nicht nur auf den generellen Kontext einer Website abgestimmt, sondern auf den gezeigten Content. Liest eine Nutzerin oder ein Nutzer auf dem Kochportal einen Bericht über die vegane Küche, werden statt Steakmesser vegane Fleischalternativen beworben. Möglich wird das durch sprachwissenschaftliche Verfahren und künstliche Intelligenz, welche die inhaltlichen Zusammenhänge analysiert und richtig interpretiert. Im besten Fall erkennt die Technologie sogar die emotionale Färbung eines Textes. Geht der Bericht zur veganen Küche vor allem auf einen möglichen Nährstoffmangel ein, ist also negativ konnotiert, wird auf dieser Seite die Werbung für vegane Produkte unterdrückt.
Das semantische Targeting erfordert keinerlei Daten zu den Usern. Ob sich die Nutzerin oder der Nutzer der Website tatsächlich schon vegan ernährt, ist nicht von Bedeutung. Die Relevanz der Werbung ergibt sich durch die präzise Abstimmung auf den Content.
Geotargeting: den Standort ermitteln
Zu den Gewinnern der Nach-Cookie-Ära gehört auch das Geotargeting. Dabei werden Personen der Zielgruppe lokalisiert. Sie haben dazu entweder im Webbrowser eine Standortfreigabe eingestellt oder einer App ihr Einverständnis gegeben, dass ihr Standort ermittelt werden darf. Geortet werden die Nutzerinnen und Nutzer anhand von GPS-Daten auf mobilen Geräten oder anhand von IP-Adressen. Geotargeting ermöglicht, Werbung auf verschiedene Weise dem aktuellen Standort der User anzupassen. So lässt sich die Sprache adaptieren, inhaltlich ein regionaler Bezug schaffen und – vor allem bei internationalen Kampagnen wichtig – auf Eigenheiten der Region eingehen. Immer wichtiger wird zudem Echtzeit-Werbung auf Basis von Geotargeting, etwa durch die crossmediale Verstärkung von Digital Out of Home und unadressierte Mailings in einem definierten Gebiet.
Ein Beispiel: Befindet sich eine Person der Zielgruppe im Umkreis von 100 Meter um einen in der Kampagne gebuchten digitalen Screen, wird ihr die Werbung in Form eines Banners auf das Mobiltelefon ausgespielt. Sie muss sich dabei auf einer entsprechenden App oder einer Webseite aus dem Netzwerk aufhalten und zuvor ihr Einverständnis für Werbung gegeben haben. Weiter verstärkt wird die Wirkung einer solchen Kampagne mit einem handlungsauslösenden unadressierten Mailing per PromoPost. Denn bei der unadressierten Werbung lässt sich genau wie bei Digital Out of Home ein geografisches Streugebiet abgrenzen, also Geo-Targeting nutzen. Durch die Kombination von digitaler Aussenwerbung und physischer Werbung sind eine hohe Präsenz und Mehrfachkontakte sichergestellt.
Offline-Werbung verstärkt Wirkung
Das Beispiel beweist: Eine systematische Zielgruppenansprache ist heute längst nicht mehr nur beim Digital Marketing möglich. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie «Medien der Zukunft 2022»: 84 Prozent der befragten Werbeauftraggeber und 81 Prozent der Agenturvertreter gehen davon aus, dass ein gezieltes Targeting künftig noch in anderen Bereichen als der Online-Werbung an Bedeutung gewinnen wird. Dabei entwickelt sich Crossmedialität zum Erfolgsfaktor. 74 Prozent der Werbeauftraggeber und sogar 83 Prozent der Agenturvertreter sind der Meinung, dass wirklich wirksame Strategien künftig von Anfang an crossmedial angelegt werden müssen. Genau wie die Onlinekanäle steuern auch Offlinemedien wie adressierte und unadressierte Mailings ihre spezifischen Vorteile zum crossmedialen Mix bei. Sie eignen sich besonders fürs Retargeting, um das Interesse von potenziellen Kundinnen und Kunden an einem Angebot zu verstärken. Denn physische Werbung punktet durch Multisensorik, aktiviert damit die Konsumierenden und führt sie zum Kaufabschluss.